Freitag, 10. Mai 2019

Aussenpolitik

Aussenpolitik soll Bedürfnisse Liechtensteins im Blick haben

Landtagsvotum zum Bericht über die Schwerpunkte der Aussenpolitik

«Die Aussen- und Innenpolitik stehen in einer engen Wechselbeziehung zueinander: Aussenpolitik ist einerseits Interessenpolitik. Sie ist bestrebt, die Bedürfnisse der liechtensteinischen Bevölkerung und Wirtschaft bestmöglich zu verwirklichen. Andererseits gewinnen aussenpolitische Entwicklungen zunehmend an Bedeutung für die Innenpolitik. Ein steter Abgleich zwischen Innen- und Aussenpolitik verstärkt die Akzeptanz der inhaltlichen Arbeit der Aussenpolitik.» Diese Aussage findet sich auf Seite 39 des Berichts betreffend Schwerpunkte der Liechtensteinischen Aussenpolitik. Sie fasst sehr gut zusammen, wo die Bedeutung der Aussenpolitik zu finden ist, nämlich im Inland. Aussenpolitik ist nationale Interessenspolitik im ureigensten Sinne. In einer einerseits durch Globalisierung sowie Digitalisierung ständig mehr zusammenwachsenden Welt und andererseits durch Zunahme an Protektionismus, Nationalismus und Spannungen rund um den Erdball hat die Wichtigkeit der Aussenpolitik zugenommen. Für einen Kleinststaat wie Liechtenstein ist es deshalb von grösster Bedeutung, Partner zu haben, auf welche man sich verlassen kann. Als Partner deklariere ich befreundete Staaten und hierbei in erster Linie unsere beiden Nachbarn Schweiz und Österreich sowie verschiedene internationale Organisationen, mit deren Mitgliedschaften wir sowohl eine wirtschaftspolitische als auch souveränitätspolitische Absicherung haben. Der Bericht der Regierung gibt hierbei einen guten Überblick wie unser Land vernetzt ist und welche Bedeutung die bestehenden Partnerschaften für unser Land besitzen.

Aus diesem Grunde möchte ich nicht wiederholen, was im Bericht nachzulesen ist, sondern auf Punkte eingehen, von welchen ich mir im Bericht genauere Angaben gewünscht hätte, oder die mir fehlen.

Auf Seite 35 ist zu lesen: «Besonderes Profil geniesst Liechtenstein in den Bereichen Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit – mit einem Schwerpunkt auf dem Bereich der internationalen Strafjustiz, wo das Engagement für den internationalen Strafgerichtshof und den Syrien-Mechanismus hervorragen.» Ich hätte mir im Bericht genauere Auskünfte hierzu gewünscht. Worin konkret besteht dieses besondere Profil? Worin lag die Schwerpunktarbeit hierzu in der Vergangenheit? Was ist für die Zukunft geplant? Ich wäre der Regierung dankbar, wenn sie dies genauer ausführen könnte.

Im Bericht wird auch der Menschenrechtsrat der UNO erwähnt, zu welchem geschrieben steht, dass Liechtenstein bisher nie Einsitz nahm. Auf Seite 48 schreibt die Regierung, dass Liechtenstein mittelfristig einen Sitz anstrebe. Ich sehe dieses Gremium eher skeptisch. Nicht wegen seinen Zielen, sondern - wenn ich mir die Mitglieder China, Saudi-Arabien, Pakistan, Qatar oder Ägypten vergegenwärtige - wegen einem Teil seiner Mitgliedsländer und ihren eigenen Menschenrechtsstandards. Die Menschenrechtsstandards weltweit sind - auch religiös bedingt - sehr unterschiedlich. Auch in der Aussenpolitik sollte die Grössenverträglichkeit unseres Landes oberste Prämisse sein und die Aktivitäten sich auf die Vorteile für unser Land fokussieren. Ich bezweifle, dass unserem Land ein Sitz im UNO-Menschenrechtsrat Vorteile bringt, ich sehe eher Nachteile. Welche Vorteile hätte denn unser Land mit dieser Einsitznahme? Kann die Regierung diese genauer benennen?

Ein weiteres Problem unseres Landes ist die Akzeptanz unseres Finanzplatzes und unseres Steuersystems in anderen Staaten. Verschiedene Staaten führen uns immer noch auf schwarzen Listen oder belegen unseren Finanzplatz mit Nachteilen und Sanktionen. Hierzu gehören beispielsweise auch die EU-Staaten Dänemark, Spanien und Portugal. Hierzu lese ich im Bericht leider nichts. Ich bitte die Regierung auszuführen, welche konkreten Massnahmen ergriffen wurden, um Liechtenstein von schwarzen Listen einzelner Länder zu streichen. In wie vielen Ländern wird unser Land noch auf Sanktionslisten geführt oder mit Nachteilen belegt? Gibt es bilaterale Treffen auf Ministerebene zu diesen Sanktionen? Sind Gespräche auf Beamtenebene mit einzelnen Ländern im Gange? Ist von Seiten der EU-Kommission Hilfe zugesagt, dass jene EU-Staaten, welche uns zu Unrecht benachteiligen, diese Sanktionen aufheben? Hierzu wäre ich um umfassende Informationen dankbar.

Medial hat die Aussage, dass momentan die Eröffnung einer Botschaft in Paris geprüft werde, für Schlagzeilen gesorgt. Ich begrüsse diese Prüfung und kann mir vorstellen, dass diese Prüfung ein positives Resultat zu Tage bringt. Nicht wegen Frankreich, sondern weil Paris Sitz zahlreicher internationaler Organisationen ist, zu welchen auch die OECD und die FATF gehören. Ich bitte aber auch zu untersuchen, ob ein solches Engagement auch von Brüssel aus umgesetzt und die bestehende Infrastruktur hierfür genutzt werden könnte. Beide Städte liegen ja nicht allzu weit entfernt.

Im Bericht wird auch die Bedeutung zu Grossbritannien erwähnt. Ich kann mir vorstellen, dass eine solche Prüfung auch in Bezug auf Grossbritannien ebenfalls Sinn machen könnte. Der Finanzplatz London könnte nach einem etwaigen Brexit für unseren Finanzplatz noch zu einem interessanten Partner werden. Ein gesichertes Netzwerk auf politischer Ebene könnte hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.

Geprüft wird momentan auch zum wiederholten Male die Mitgliedschaft beim Internationalen Währungsfonds IWF. Diese Mitgliedschaft wurde vom damaligen Regierungschef Klaus Tschütscher schon einmal ins Auge gefasst und geprüft. Er verzichtete anschliessend darauf, dieses Thema weiterzuverfolgen. Man darf gespannt sein, welches Ergebnis diese Prüfung dieses Mal zu Tage bringen wird und worin die Unterschiede von vor ein paar Jahren liegen.


Die Regierung betont in ihrem Bericht auch die Bedeutung der Kommunikation für die aussenpolitischen Aktivitäten und Positionen Liechtensteins. Dem kann ich beipflichten. Ich bitte die Regierung jedoch als Zielgruppe dieser Kommunikation über die sozialen Medien nicht nur andere Regierungen oder Politikvertreter zu definieren, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Eine gezielte Information über Aussenpolitik, was sie tut, was sie erreicht und welche Schwerpunkte sie setzt ist notwendig, um die Akzeptanz von aussenpolitischen Tätigkeiten im Inland zu erhöhen. Dies scheint mir wichtig zu sein. Die Regierung schreibt zu Recht in ihrem Bericht:
«Die Aussenpolitik wird in Zukunft verstärkt gefordert sein, sich zu erklären und ihre Arbeit verständlich zu machen. Eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit für alle Altersgruppen ist unerlässlich. Dabei geht es vor allem darum, den Bürgerinnen und Bürgern die konkreten Vorteile und Notwendigkeiten einer aktiven Aussenpolitik aufzuzeigen.» 
Diese Aussage kann ich voll und ganz unterstützen. Dass soziale Medien hierfür eine ideale Plattform darstellen würden, ebenfalls. Aber dann bitte Frau Regierungsrätin weisen Sie die Botschaften und Botschafter an, nicht nur auf Englisch, sondern auch - zusätzlich - auf Deutsch die sozialen Medien zu nutzen. Wenn die Liechtensteiner Bevölkerung als Zielgruppe definiert wird und wenn diese auch erreicht werden soll, dann sollte es zumindest auch in unserer Sprache geschehen. Beispielsweise findet die Kommunikation jener Twitter-Accounts, welche sie auf Seite 17 des Berichts aufzählen, grösstenteils ausschliesslich in Englisch statt. Das widerspricht den Aussagen auf Seite 42 des Berichts, weil damit jene Wirkung, die gewünscht wird, nicht erreicht wird.

Der Bericht führt klar zu Tage, dass die Chancen für unser Land, sich mit einer aktiven Aussenpolitik einen Namen zu machen und Goodwill für unser Land zu schaffen, genutzt werden. Wenn die Regierung auf Seite 47 schreibt, dass mit Besetzung von Nischen, die gezielte Übernahme von Themenführerschaften und die Entwicklung eigener Initiativen ein klares und sichtbares Profil sowie Respekt und Anerkennung für Liechtenstein geschaffen werden sollen, kann ich diese Strategie unterstützen. Hierfür braucht es aber nicht Mitgliedschaften in weiteren Organisationen, welche uns vorschreiben, was wir zu tun haben und uns viel Geld kosten. Eine aktive auf Eigeninitiative stützende Aussenpolitik, welche auch die Bedürfnisse Liechtensteins im Auge hat, erachte ich als zielführender. Darauf sollte die Aussenpolitik der Zukunft ihren Schwerpunkt legen. Die Erfolge der Vergangenheit und Gegenwart, welche mit den Stichworten ICC, Syrien-Mechanismus, IHZE und anderen in Verbindung gebracht werden können, belegen doch, dass unser Land grössenverträgliche aktive Aussenpolitik betreiben kann, welche unserem Land Vorteile und Wertschätzung bringt. Darauf sollte auch in Zukunft der Schwerpunkt gelegt werden.

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