Wer versucht, das eine Verkehrsmittel gegen das andere auszuspielen, wird verlieren
Landtagsvotum zum Mobilitätskonzept 2030Die zentrale Aussage all dieser Berichte steht für mich auf Seite 67 des Mobilitätskonzeptes. Dort kann nachgelesen werden:
«Die Verkehrspolitik verfolgt vorausschauend Lösungen und Massnahmen, die praxistauglich, durchführbar und finanzierbar sind. Sie setzt sich für einen wesensgerechten Einsatz der Verkehrsmittel ein, wobei die freie Verkehrsmittelwahl grundsätzlich aufrechterhalten bleibt.»Diese Aussage muss meines Erachtens als Basis aller zukünftigen Anstrengungen und Massnahmen gelten. Besonders das Bekenntnis, dass die Verkehrsmittelwahl grundsätzlich aufrecht erhalten bleiben muss, steht für mich über allem. Eine Verkehrspolitik, die sich auf Verbote, Behinderungen und Benachteiligungen stützt, mit welcher eine Mobilitätsvariante gegen eine andere ausgespielt wird, könnte ich nicht unterstützen. Massnahmen, um die Mobilität in gewünschte Bahnen zu lenken, ja. Es spricht nichts dagegen, den Modal Split in Richtung ÖV verschieben zu wollen. Die Frage ist, wie diese Verschiebung angegangen wird.
Man muss die Leute von Mobilitätsvarianten überzeugen. Dies macht man nicht mit verboten, sondern mit Anreizsystemen und Argumenten. Und deshalb unterstütze ich die Regierung darin, dass sie bei ihren vorgeschlagenen Lösungen alle Arten der Mobilität miteinbezieht, Vorteile und Verbesserungen für den ÖV als auch den privaten motorisierten Individualverkehr schafft, Anreize für die vermehrte Nutzung des ÖV’s aufzeigt, den Langsamverkehr stärkt und damit die Wahlfreiheit bei der Verkehrsmittelwahl aufrechterhält. Damit - und davon bin ich überzeugt - steigen die Chancen, dass dieses Mobilitätskonzept und die einzelnen aufgezeigten Massnahmen auch bei der Bevölkerung auf Zustimmung stossen.
Und es wird notwendig sein, die Bevölkerung zu überzeugen, man denke nur an die bevorstehende Volksabstimmung zur S-Bahn. Wer versucht, das eine Verkehrsmittel gegen das andere Verkehrsmittel auszuspielen, wird auf der ganzen Länge verlieren und am Schluss werden wir mit leeren Händen dastehen - zum Leidwesen der Gesellschaft, der Lebensqualität, der Wirtschaft und auch der Natur und Umwelt.
Und deshalb rufe ich auch die Umweltverbände wie die LGU oder den VCL zur Kompromissbereitschaft auf. Der Verkehrsbereich ist komplex, etliche Rädchen müssen zusammenspielen, um gewünschte Wirkungen zu erzielen. Wenn LGU und VCL das Rädchen ‘Motorisierter Individualverkehr’ bekämpfen und entfernen wollen, um den Verkehr in ihre ideologischen Bahnen zu lenken, werden nicht nur sie, sondern wir alle scheitern.
Leider kann ich diese Kompromissbereitschaft bei diesen beiden Umweltverbänden bisher nicht erkennen. Im Gegenteil: Ihre Stellungnahmen zu diesem Mobilitätskonzept deuten eher darauf hin, dass sie alle Massnahmen, welche ihren ideologischen und teilweise extremen Einstellungen nicht entsprechen, konsequent bekämpfen und verhindern wollen. Ich teile die Einschätzung der Wirtschaftskammer Liechtenstein, wenn sie im Brief an die Abgeordneten zu den Stellungnahmen von LGU und VCL ausführt:
«Nur ein gemeinsames Gesamtprojekt, das auf Kompromissen aller Beteiligten aufbaut, bringt unser Land nach 50 Jahren Stillstand in der Verkehrspolitik weiter. Sollten aber die beiden Verbände mit ihrem penetranten Hass auf das Auto als Allzweckmittel alles daran setzen, um die Massnahmen für den MIV zu torpedieren, funktioniert dies leider nicht und das Mobilitätskonzept 2030 läuft Gefahr zu scheitern. Dies würde ein Vorwärtskommen in der Verkehrspolitik für die nächsten Jahre oder Jahrzehnte blockieren.»
Die Regierung möchte von uns den Auftrag zur Ausarbeitung eines Bericht und Antrag betreffend die Total- oder Teilrevision des Gesetzes über das Verfahren in Expropriationsfällen erhalten. Dieser unter Punkt e des Regierungsantrags geäusserte Wunsch entspricht dem Leitprojekt 9 namens ‘Abholen des politischen Willens zur Revision Enteignungsrecht sowie zur Verfahrensbeschleunigung und -vereinfachung’.
Sie verlangen damit viel, Herr Regierungschef-Stellvertreter, weil - wie sie richtig in ihrem Bericht und Antrag schreiben - in Liechtenstein dem Individualinteresse ein sehr hohes Gewicht beigemessen wird und dies - zumindest meiner Ansicht nach - auch zu Recht. Doch ich kann ihre Argumentation für diesen Schritt nachvollziehen. Wenn wir die Inhalte des Mobilitätskonzeptes mit Leben füllen wollen, müssen wir sicherstellen, dass die für die Realisierung der vorgeschlagenen Leitprojekte zusätzlichen Landflächen auch erworben werden können und nicht einzelne die Realisierung eines gesamten Projektes verhindern können. Sollte diese Sicherheit nicht gegeben sein, ist ein Grossteil des Mobilitätskonzeptes in Frage gestellt. Und deshalb werde ich ihrem Antrag e zustimmen.
Aber: Als oberste Prämisse dabei haben ihre Ausführungen auf Seite 39 des Bericht und Antrag zu gelten, wo Sie schreiben:
Sie verlangen damit viel, Herr Regierungschef-Stellvertreter, weil - wie sie richtig in ihrem Bericht und Antrag schreiben - in Liechtenstein dem Individualinteresse ein sehr hohes Gewicht beigemessen wird und dies - zumindest meiner Ansicht nach - auch zu Recht. Doch ich kann ihre Argumentation für diesen Schritt nachvollziehen. Wenn wir die Inhalte des Mobilitätskonzeptes mit Leben füllen wollen, müssen wir sicherstellen, dass die für die Realisierung der vorgeschlagenen Leitprojekte zusätzlichen Landflächen auch erworben werden können und nicht einzelne die Realisierung eines gesamten Projektes verhindern können. Sollte diese Sicherheit nicht gegeben sein, ist ein Grossteil des Mobilitätskonzeptes in Frage gestellt. Und deshalb werde ich ihrem Antrag e zustimmen.
Aber: Als oberste Prämisse dabei haben ihre Ausführungen auf Seite 39 des Bericht und Antrag zu gelten, wo Sie schreiben:
«Enteignungen sind nur in bestimmten, rechtlich geregelten Ausnahmefällen möglich. Der Enteignung aus verkehrstechnischen und anderen in der Erfüllung von Staatsaufgaben liegenden Gründen muss insbesondere ein übergeordnetes, dem Allgemeinwohl dienendes Interesse zugrunde liegen.»Ich bitte Sie bei diesem Thema höchste Vorsicht und grösste Zurückhaltung an den Tag zu legen. Enteignungen sind für mich nicht das letzte Mittel, wie Sie im Mobilitätskonzept auf Seite 105 schreiben, sondern sie müssen das allerletzte Mittel sein.
Und um es klarzustellen: Für mich bedeutet eine Zustimmung zu ihrem Antrag e noch nicht, dass ich dann auch der Gesetzesänderung zustimmen werde. Dies mache ich dann von der Ausgestaltung und der Ausformulierung des neuen Enteignungsrechts abhängig.
Was dann nicht sein kann, ist, dass einerseits Enteignungen erleichtert werden; andererseits aber die Umsetzung des Mobilitätskonzeptes durch Beschwerden und Einsprachen, in erster Linie der Umweltverbände, langfristig verzögert werden kann. Wenn schon über die Erleichterung von Enteignungen die Umsetzung des Mobilitätskonzeptes beschleunigt werden soll, dann muss auch sichergestellt werden, dass diese Beschleunigung nicht über Einsprachen und langfristige Instanzenzüge der Umweltverbände wie LGU und VCL ad absurdum geführt wird. Die Stellungnahmen von LGU und VCL lassen aber genau dies befürchten.
Und deshalb unterstütze ich die Regierung, wenn sie auf Seite 105 des Mobilitätskonzeptes schreibt: (Zitat) «Des Weiteren soll geprüft werden, wie die öffentliche Hand Projekte im öffentlichen Interesse in einem schnelleren und effizienteren Verfahren realisieren kann.» (Zitat Ende)
Doch ‘prüfen’ ist mir bei diesem Themenbereich zu wenig. Wenn wir mit dem Antrag e der Regierung schon den Auftrag geben, das Enteignungsrecht des Staates zu lockern, dann können wir der Regierung im Gegenzug auch den Auftrag geben, das Verbandbeschwerderecht einzuschränken, wohlgemerkt mit gleicher Vorsicht und Zurückhaltung, unter der gleichen Prämisse und zeitlich ausgerichtet auf die Lockerung des Enteignungsrechts.
Und deshalb stelle ich den Antrag, den Antrag 3 der Regierung durch einen Buchstaben g zu ergänzen. Dies im Wortlaut:
Die Regierung wird beauftragt, gleichzeitig mit dem Bericht und Antrag zur Gesetzesrevision über das Verfahren in Expropriationsfällen dem Landtag einen Bericht und Antrag betreffend Revision des gesetzlichen Verbandsbeschwerderechtes unter anderem bezüglich Beschwerdebefugnis in Art. 47 Naturschutzgesetz (NSchG) sowie Beschwerdelegitimation in Art. 32 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) vorzulegen. Mit dieser Revision soll die Möglichkeit einher gehen, aus verkehrstechnischen und anderen in der Erfüllung von Staatsaufgaben liegenden Gründen mit insbesondere übergeordnetem, dem Allgemeinwohl dienenden Interesse das gesetzliche Verbandsbeschwerderecht einzuschränken.
Dieser Wortlaut des 2. Satzes dieses Antrags deckt sich mit den Ausführungen der Regierung zum Enteignungsrecht von Seite 39 des Bericht und Antrag. Somit werden die Möglichkeiten der Lockerung der Enteignung und jene der Einschränkung des gesetzlichen Verbandsbeschwerderechtes gleichgestellt, weshalb es auch Sinn macht, sie gleichzeitig dem Landtag zur Beschlussfassung vorzulegen.
Dies mit dem Ziel, das Mobilitätskonzept hinsichtlich der geplanten Massnahmen aller Verkehrsmittel - ÖV, Langsamverkehr und motorisierter Individualverkehr - umsetzbar auszugestalten und nicht durch ideologischen Fundamentalismus ein Teilprojekt oder Massnahmen hinsichtlich eines Verkehrsmittels unter Umständen, um Jahre zu verzögern oder ganz zu verhindern.
Dass die Umweltverbände mit dem gesetzlichen Verbandsbeschwerderecht hierzu gewillt sind, drücken die Stellungnahmen der LGU und des VCL zum Mobilitätskonzept aus. Mehr noch, es wird ja schon damit gedroht. Im Schreiben der LGU vom 27. April 2020 an die Abgeordneten steht geschrieben:
«In prozeduraler Hinsicht hätte daher eine Strategische Umweltprüfung stattfinden müssen. Wir bedauern, dass daran offenbar nicht gedacht worden ist, und müssen es Ihnen überlassen, die rechtlichen Konsequenzen und Risiken daraus zu bewerten.»Unsere Verfassung bietet umfangreiche direktdemokratische Möglichkeiten. Wenn die Umweltverbände gewisse Massnahmen des Mobilitätskonzeptes ablehnen, können sie über ein Referendum versuchen, Teilprojekte zu verhindern. Dann entscheidet der Souverän, also das Volk und nicht einzelne Richter einer Gerichtsinstanz oder sogar eines Gerichtshofes in Strassburg.
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