Samstag, 14. März 2020

eCall-System

Bevölkerung wird Entscheidungsfreiheit genommen


Seit März 2018 ist der automatische Notruf ‘eCall’ für neu typengeprüfte Personen- und Lieferwagen in Europa obligatorisch. ‘eCall’ bezweckt, dass bei einem Unfall, bei welchem der Airbag ausgelöst wird, automatisch die Polizei verständigt wird. Der Mindestdatensatz enthält Informationen bsp. Unfallstandort, Fahrzeugnummer, Zeitstempel, Anzahl der Insassen und Fahrtrichtung. 

Das Problem ist, dass dieses ‘eCall-System’ nicht mit Art. 47 Abs. 3 des Strassenverkehrsgesetz (SVG) übereinstimmt. Dieser Artikel des SVG’s regelt das Verhalten bei Unfällen. Er besagt, dass bei Verkehrsunfällen, bei denen nur Sachschaden entstanden ist, nicht zwingend die Polizei hinzugezogen werden muss. Die Polizei muss nur gerufen werden, wenn der Geschädigte nicht benachrichtigt werden kann. Somit kann das ‘eCall-System’ dazu führen, dass die Polizei auch bei Unfällen verständigt wird, bei welchen gemäss Art 47. Abs. 3 des Strassenverkehrsgesetzes eine Verständigung der Polizei gar nicht vorgeschrieben ist. Somit führt eine neue technische Errungenschaft dazu, dass die Entscheidungskompetenz der Bevölkerung ausgehölt wird und unter Umständen Strafen bis hin zu Führerscheinentzügen ausgesprochen werden. Dies obwohl eine gesetzliche Bestimmung des Strassenverkehrsgesetzes vorgibt, dass die Polizei gar nicht hätte verständigt werden müssen. Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch bestätigt in seinem Bericht, dass durch das ‘eCall-Notrufsystem’ die Landespolizei in Einzelfällen verständigt werde, wenn trotz schwerer Kollision keine Personen verletzt worden seien und somit die Fahrzeuglenker nicht verpflichtet gewesen wären, die Landespolizei zu verständigen. Bereits nach der heutigen Praxis werde aber die Landespolizei meist auch durch nicht beteiligte Dritte ohne Kenntnis der involvierten Fahrzeuglenker über den Unfall verständigt. 

Die Argumentation des Vizeregierungschefs hinkt. Letztes Jahr hat das Obergericht ein Urteil gefällt, mit welchem eine Person freigesprochen wurde, welche einen Selbstunfall gemäss Art. 47 Abs. 3 hatte. Die Polizei wurde durch einen Dritten, der an der Unfallstelle vorbeifuhr, verständigt. Im Urteil resümiert das Obergericht, dass der Beschuldigte freizusprechen sei, weil er nicht verpflichtet war, den erlittenen Selbstunfall der Landespolizei zu melden. Dieses Urteil belegt, dass die Argumentation der Regierung nicht stimmig ist und das ‘eCall-System’ die Entscheidungsfreiheit der Bevölkerung mindert. Vizeregierungschef Daniel Risch gibt keine Auskunft darüber, wie er in Zukunft mit Unfällen, bei denen die Polizei nicht zwingend verständigt werden muss, jedoch mittels ‘eCall-System’ zur Unfallstelle gerufen wurde, umzugehen gedenkt.

Das ‘eCall-System’ hat seinen Vorteil. Doch wir sollten die Entscheidungsfreiheit der Bevölkerung nicht mindern und Gesetzesbestimmungen, welche der Bevölkerung einen gewissen Freiraum geben, nicht über neue technische Errungenschaften stellen. Aus diesem Grunde habe ich angekündigt, eine Motion einzubringen, mit welcher die Regierung beauftragt wird, Art. 47 Abs. 3 des Strassenverkehrsgesetzes anzupassen. Dies in dem Sinn, als die Landespolizei bei Unfällen gemäss Abs. 3, bei welchen sie über das ‘eCall-System’ informiert wurde und somit die Polizei nicht zwingend hinzugezogen hätte werden müssen, die Landespolizei nur tätig werden darf, wenn der Geschädigte dies ausdrücklich wünscht. Dann bleibt auch bei ‘eCall-Anrufen’ die Entscheidungsfreiheit bei solchen Unfällen bei den betroffenen Personen, also in erster Linie beim Geschädigten und nicht bei einem technischen Gerät.

Donnerstag, 5. März 2020

eCall-System in Fahrzeugen

Bevölkerung wird Entscheidungskompetenz entzogen

Landtagsvotum zum Kommunikationsgesetz und die Einführung des eCall-Systems

In verschiedenen Artikeln der Vorlage zum Kommunikationsgesetz kommt das sogenannte «eCall» zur Sprache. Seit dem 31. März 2018 ist der automatische Notruf eCall für neu typengeprüfte Personen- und Lieferwagen in Europa obligatorisch. eCall basiert auf der einheitlichen europäischen Notrufnummer 112 und wird vom Fahrzeug bei einem Unfall automatisch ausgelöst, kann aber auch manuell betätigt werden. Die Schweiz hat dieses eCall-System ebenfalls übernommen. Insofern ist das eCall-System sicherlich hilfreich. Deshalb macht es Sinn, mit der vorliegenden Änderung des Kommunikationsgesetzes die Grundlagen für eine reibungslose Funktionalität des eCall-Systems in Liechtenstein zu schaffen.

Ich habe im Rahmen einer Kleinen Anfrage von März 2018 dieses eCall-System bereits thematisiert und auch in der 1. Lesung zu dieser Vorlage auf meine Bedenken hingewiesen. Für mich stimmt dieses eCall-System nicht mit Art. 47 Abs. 3 Strassenverkehrsgesetz (SVG) überein. In diesem Artikel des Strassenverkehrsgesetzes steht zum Verhalten bei Unfällen: «Ist nur ein Sachschaden entstanden, so hat der Schädiger sofort den Geschädigten zu benachrichtigen und Namen und Adresse anzugeben. Wenn dies nicht möglich ist, hat er unverzüglich die Polizei zu verständigen.» Das heisst nichts anderes als bei Verkehrsunfällen, bei denen nur Sachschaden entstanden ist, nicht zwingend die Polizei hinzugezogen werden muss. Die Polizei muss nur gerufen werden, wenn der Geschädigte nicht benachrichtigt werden kann.

Tatsache ist aber, dass nun das eCall-System dazu führen kann, dass die Polizei mittels automatischen eCall-Anruf auch bei Unfällen verständigt wird, bei welchen gemäss Art 47. Abs. 3 des Strassenverkehrsgesetzes eine Verständigung der Polizei gar nicht vorgeschrieben ist. Somit führt eine neue technische Errungenschaft dazu, dass die Entscheidungskompetenz der Bevölkerung ausgehölt wird und unter Umständen Strafen bis hin zu Führerscheinentzügen ausgesprochen werden, obwohl eine gesetzliche Bestimmung des Strassenverkehrsgesetzes vorgibt, dass die Polizei gar nicht hätte verständigt werden müssen.

Die Regierung schreibt hierzu in ihrem Bericht für die 2. Lesung auf den Seiten 7 und 8: «Es trifft zu, dass durch das eCall-Notrufsystem die Landespolizei in Einzelfällen auch dann verständigt wird, wenn die Voraussetzungen des Art. 47 SVG nicht vorliegen, d.h. wenn trotz schwerer Kollision keine Personen verletzt wurden und die Fahrzeuglenker somit nicht verpflichtet sind, die Landespolizei zu verständigen. Bereits nach der heutigen Praxis wird aber die Landespolizei meist auch durch nicht beteiligte Dritte ohne Kenntnis der involvierten Fahrzeuglenker über den Unfall verständigt. Das Legalitätsprinzip des Strafprozessrechts verlangt in diesen Fällen, dass die Landespolizei auch dann tätig wird, wenn die Unfallbeteiligten dies nicht wünschen.»

Die Regierung lehnt es ab, Art. 47 Strassenverkehrsgesetz diesbezüglich abzuändern. Dies werde nicht als notwendig erachtet, «da das eCall-Notrufsystem an diesen Grundsätzen nichts ändern soll und zum anderen die Landespolizei bereits heute aufgrund des Legalitätsprinzips tätig werden muss, wenn Dritte die Polizei über eine Kollision verständigen, auch wenn dies die Unfallbeteiligten im Einzelfall nicht wünschen», so die Regierung in ihrem Bericht.

Die Argumentation der Regierung und der Verweis auf das Legalitätsprinzip mag zwar formell richtig sein, doch in der Praxis spätestens seit dem 7. August 2019 nicht mehr umsetzbar. An diesem 7. August 2019 hat das Obergericht ein Urteil gefällt, mit welchem eine Person freigesprochen wurde, welche einen Unfall gemäss Art. 47 Abs. 3 hatte. Die Polizei wurde durch einen Dritten, der an der Unfallstelle vorbeifuhr, verständigt. Bis die Polizei kam, war die Unfallstelle geräumt. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen unzulässigem Entfernen von der Unfallstelle und vorsätzlichen Verhindern einer Blutprobe erhoben. In 2. Instanz wurde die Person freigesprochen. Dies mit der Begründung: «Zu Recht macht der Berufungswerber geltend, dass er zur Meldung des erlittenen Selbstunfalles nicht verpflichtet war. Die Meldepflicht gemäss Art. 47 Abs. 2 scheidet aus, weil keine Personen verletzt wurden, jene nach Art. 47. Abs. 3 SVG deswegen, weil kein Drittschaden entstand.» Im Urteil resümiert das Obergericht, dass der Beschuldigte freizusprechen sei, weil er nicht verpflichtet war, den erlittenen Selbstunfall der Landespolizei zu melden. Das Urteil ist rechtskräftig.

Dies bedeutet nichts anderes, als wäre in diesem Auto bereits das eCall-System eingebaut gewesen, die Polizei gekommen wäre und dies für den Lenker unter Umständen eine Strafe oder sogar einen Führerscheinentzug zur Folge gehabt hätte.

Dieses Urteil belegt, dass die Argumentation der Regierung mit Bezug auf das Legalitätsprinzip nicht stimmig ist und das eCall-System die Entscheidungskompetenz der Bevölkerung mindert und die Stellung des Staates gestärkt wird. Wie will die Regierung in Zukunft mit Unfällen gemäss Art 47. Abs. 3 des Strassenverkehrsgesetzes umgehen, wenn sie mittels eCall-System zur Unfallstelle gerufen wurde? Darauf gibt die Regierung in ihrem Bericht keine Antwort. Ich kann dieser Begleiterscheinung und dieser Minderung der Entscheidungskompetenz der Bevölkerung in Bezug auf die Einführung des eCall-Systems nicht zustimmen.

Verfassungsinitiative Halbe Halbe

"Diese Initiative ist für mich das falsche Mittel"

Landtagsvotum zum Initiativbegehren 'Halbe Halbe'

Das Initiativbegehren ‘Halbe Halbe’ möchte die Verfassung in Art. 31 Abs. 2 mit dem Zusatz «Die ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern in politischen Gremien wird gefördert» ergänzen. 

Keine Frage: Auf den ersten Blick erscheint die Initiative ein Thema aufzugreifen, das eigentlich selbstverständlich ist und gegen das man eigentlich nicht sein kann. Doch für mich liegt die Krux dieser Initiative aus verschiedenen Überlegungen heraus im Detail.

«Alle Landesangehörigen sind vor dem Gesetze gleich. Die öffentlichen Ämter sind ihnen unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen gleich zugänglich. Mann und Frau sind gleichberechtig.» Diese Verfassungsbestimmung findet sich ebenfalls im genannten Artikel 31, der die allgemeinen Rechte und Pflichten der Landesangehörigen regelt. Dieser Artikel bildet die Grundlage für das Ansinnen der Initianten. Doch die Initianten geben mit ihrer Initiative nicht nur Rechte und Pflichten wieder, wie es in der Verfassungsbestimmung von Artikel 31 der Fall ist, sondern vermitteln einen Auftrag - nämlich jenen, dass die ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern in politischen Gremien gefördert werden soll. Das ist ein klarer Förderungs-Auftrag, der meines Erachtens in den Bereich der Staatsaufgaben in die Verfassung subsumiert werden sollte und nicht unter Rechte und Pflichten in die Verfassung eingeordnet werden kann. Ich teile diesbezüglich die Meinung der Regierung, welche sie im Rahmen des Berichts zur Vorprüfung (Nr. 117/2019) geäussert hat. Dies mag man nun als unerheblich bewerten. Für mich ist es das nicht. Die Verfassung ist ein fein austariertes System, bei welchem alle Bestimmungen aufeinander abgestimmt sind und sie so eine Einheit ergeben. Diese Grundausrichtung hat für mich eine hohe Bedeutung, weshalb für mich das Ansinnen der Initianten in das falsche Hauptstück der Verfassung eingefügt werden soll.

Viele Begriffe, die von den Initianten gewählt wurden, sind sehr unbestimmt und könnten meines Erachtens zu Problemen führen, dies umso mehr, als sie von den Initianten teilweise selbst unterschiedlich bewertet werden. 

Hierzu gehört beispielsweise der Ausdruck ‘politische Gremien’. In der Begründung der Initiative betonen die Initianten, dass hierzu neben den repräsentativen Vertretungsorganen (Landtag, Gemeindevertretungen) auch Kommissionen gehören. «Sämtliche Vertretungsorgane, die direkt oder indirekt vom Volk (beispielsweise vom Landtag, dem Gemeinderat und der Regierung) gewählt werden, sind unter dem Begriff ‘politische Gremien zu verstehen», so die Initianten.

Anders tönt es in einem Leserbrief des Initiativkomitees vom 21. November 2019. Darin wird ausgeführt: «Das Ziel besteht einzig darin, dass in allen politischen Gremien, wie zum Beispiel Kommissionen, Stiftungs- und Aufsichtsräten, Gemeinderäten, dem Landtag und der Regierung beide Geschlechter ausgewogen vertreten sind.» Von Stiftungs- und Aufsichtsräten ist in der Begründung der Initiative kein Wort zu lesen. Wie man hierbei zur Ansicht kommen kann, dass die Wirtschaft nicht tangiert sei, entzieht sich meiner Kenntnis. Zumindest die öffentlich-rechtlichen Wirtschaftsunternehmen sind sehr wohl davon tangiert und dies obwohl man weiss, dass sich beinahe keine Frauen auf solche Ausschreibungen beworben haben, wie aus der Beantwortung einer Kleinen Anfrage deutlich wurde.

Zudem wird mit dem Begriff ‘politische Gremien’ ein neuer Duktus in die Verfassung eingeführt. Der Begriff des Gremiums gibt es in Art. 96 zwar, jedoch ausschliesslich in Bezug auf das Richterauswahlgremium. Ist dieses nun auch ein politisches Gremium, auch wenn es in Art. 96 nicht als politisches Gremium bezeichnet wird?

Unklar ist auch der Begriff ‘ausgewogene Vertretung’ definiert. Was heisst ausgewogene Vertretung? 50:50, 40:60, 45:55? Der Begriff ausgewogen sei in zeitlicher und quantitativer Hinsicht dynamisch und flexibel zu interpretieren, so die Initianten. Konkret heisst dies doch: Heute bedeutet ausgewogene Vertretung eventuell 40:60, in zehn Jahren unter Umständen 50:50. Das ist mir zu unbestimmt. Wie soll sich der Gesetzgeber und unter Umständen auch der Staatsgerichtshof nach einer Regelung richten, wenn sie dynamisch ausgelegt wird? Wann ist ausgewogene Vertretung verfassungswidrig, wann verfassungskonform? Kann ein und dieselbe Bestimmung heute verfassungskonform und in 10 Jahren verfassungswidrig sein? Und wer gibt vor, was zu welcher Zeit und in welcher quantitativen Höhe als eine ausgewogene Vertretung bezeichnet werden kann? Eine solche zentrale Begrifflichkeit der Verfassung als zeitlich und quantitativ als dynamisch und flexibel zu bezeichnen ist für mich ein Unding. Verfassungsbestimmungen haben immer zu gelten unabhängig von der Zeit. Die Verfassung ist kein Gesetz und keine Verordnung, welche ständig abgeändert oder auf neue Gegebenheiten aktualisiert werden kann, sie ist ein stabiles Konstrukt, deren Interpretation unabhängig von Zeit und Anzahl zu gelten hat.

Auch wenn die Initianten anderes behaupten, kommt für mich die Initiative einer Einführung einer Geschlechterquote durch die Hintertüre gleich. Die Forderungen der Initianten zeigen dies klar auf. So betonen sie unter anderem:
«Der Gesetzgeber wird in die Pflicht genommen, Massnahmen gegen Barrieren für ein ausgewogene Vertretung beider Geschlechter in politischen Gremien zu ergreifen.»
oder
«Der Gesetzgeber bekommt damit einen Handlungsauftrag, ist aber in dessen Umsetzung frei.»
oder
«Der Gesetzgeber wird durch die Annahme der Verfassungsinitiative in die Pflicht genommen, Massnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Mann und Frau zu setzen und bestehende Gesetze und Verordnungen entsprechend zu ändern.»
Der Gesetzgeber wird in die Pflicht genommen, bekommt einen Handlungsauftrag, hat den Auftrag, wird aufgefordert - solche und ähnliche Wortlaute ziehen sich wie ein roter Faden durch den Begründungstext. Im Begründungstext wird sogar die Erwartung geäussert, dass Gesetze und Verordnungen abgeändert werden. Dies zeigt doch deutlich auf, dass es um mehr geht als nur um die Förderung bezüglich einer ausgewogenen Vertretung von Frauen und Männern geht. Sollte diese Initiative vom Volk angenommen werden, wird es nicht lange dauern, bis die Forderung nach gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Einführung einer Geschlechterquote laut werden.

Das Problem, dass Frauen in vielen Gremien unterrepräsentiert sind, lässt sich nicht mit einer Verfassungsänderung und der Forderung nach Gesetzes- und Verordnungsanpassungen beheben. Dass es auch andere Wege gibt, die zudem auch erfolgreich sind, haben die Gemeindewahlen 2019 gezeigt. Die Tatsache, dass Frauen nicht in dieser Vielzahl wie Männer bereit sind, öffentliche Aufgaben zu übernehmen, ändert man nicht mit Druck. Das Problem ist grundlegender und tangiert die gesellschafts- wie familienpolitischen Gegebenheiten in unserem Land. Dort sollte der Hebel angesetzt werden und diesbezüglich gehe ich auch mit den Äusserungen des Erbprinzen überein, dass ein Grund auch bei der Verbindung von Familie und Beruf zu finden ist. Zudem stellt sich mir die Frage, mit welchen Argumenten man sich dann gegen andere ausgewogene Vertretungen ausspricht, wie beispielsweise jene für Senioren oder Jugendliche. Auch diese beiden Gesellschaftsgruppen - wie viele andere auch - sind in politischen Gremien teilweise noch mehr unterrepräsentiert als Frauen.

Diese Initiative ist für mich das falsche Mittel, um das angesprochene Problem, welches sicherlich vorhanden ist, zu lösen. Darüber hinaus glaube ich, dass sie - wie gesagt - zu verschiedenen Unklarheiten führt, welche früher oder später auch zu Problemen bei der Interpretation und Auslegung der Verfassung führt, weshalb ich die Initiative ablehnen werde.

Mittwoch, 4. März 2020

Weiterentwicklung Naherholungsgebiet Malbun und Steg

Zwitterlösung von Ökologie und Ökonomie bringt Malbun keine finanzielle Nachhaltigkeit

Landtagsvotum zum Postulat in Bezug auf die Weiterentwicklung des Naherholungsgebietes Malbun/Steg

Das Postulat der Freien Liste zielt in die richtige Richtung. Nach den Ausführungen des Präsidenten der Bergbahnen Malbun AG Heinz Vogt im Vaterland vom 24. Oktober 2019 ist es angebracht, sich über die Zukunft des Naherholungsgebietes Steg/Malbun Gedanken zu machen und von der Regierung zu verlangen, dass sie Varianten zur Weiterentwicklung des Naherholungsgebiets ausarbeitet und prüft.

In diesem besagten Interview untermauert Heinz Vogt, dass den Bergbahnen jährlich finanzielle Mittel in der Grössenordnung von rund CHF 800'000.-- fehlen würden. Es gäbe einige Ideen, mit welchen man das Skigebiet Malbun attraktiver gestalten und auch vermehrt dem Slogan als Familienskigebiet nachleben könne. Es fehle jedoch an den finanziellen Mitteln, diese zu realisieren. Deshalb steht für mich nicht die Frage, ob die Bergbahnen Malbun AG finanzielle Mittel vom Land benötigt im Mittelpunkt, sondern nur wann dies der Fall sein wird und in welcher Grössenordnung. Gerüchten zufolge arbeitet die Regierung bereits an einem diesbezüglichen Bericht und Antrag bzw. an einem Finanzbeschluss.

Von diesem Blickwinkel aus betrachtet macht das Postulat Sinn. Und wenn ich die Freie Liste richtig verstehe, soll die gewünschte Postulatsbeantwortung die Grundlage für eine Grundsatzdiskussion hinsichtlich der langfristigen Entwicklung unseres Naherholungsgebietes bilden, auf Basis dieser anschliessend ein Finanzbeschluss dem Landtag zu Beschlussfassung vorgelegt werden kann. Somit wählt die Freie Liste ein ähnliches Vorgehen wie beim Neubau des Landesspitals oder bei der Schulbautenstrategie. Auch bei der Verkehrsthematik plant die Regierung gemäss Ausführungen des Vizeregierungschefs dieses Vorgehen. Deshalb macht das Postulat für mich Sinn, da damit auch eine Strategie gewählt wird, die sich schon mehrfach bewährt hat.

Doch wie so oft bei der Freien Liste, schiessen ihre Vorstösse teilweise über das Ziel hinaus. Im Postulatsauftrag formuliert die Freie Liste: «Die Regierung wird gebeten, externe unabhängige Spezialisten zu beauftragen, eine Studie in Bezug auf die Ausrichtung, die Gefahren und Chancen sowie möglich zukünftige Ausrichtungen des Naherholungsgebietes Malbun/Steg zu erstellen.» Damit verlangt die Freie Liste etwas, was es schon in mehrfacher Ausführung gibt. Meines Wissens wurden während den letzten 20 Jahren bereits Studien von der Fachhochschule Graubünden, von der UNI St. Gallen, von der höheren Fachschule für Führung und Tourismus Luzern und in naher Vergangenheit von der Agentur für Tourismus, Architektur und Kultur namens ‘gutundgut’ erstellt. Wir haben genügend Studien, auf die man zurückgreifen kann, und es ist nicht notwendig nochmals von vorne zu beginnen und für viel Geld neue Studien erstellen zu lassen. Viel zielführender erachte ich, dass diese vorhandenen Studien im Rahmen einer möglichen Postulatsbeantwortung dem Landtag zu Kenntnis gebracht werden und die Regierung ausführt, wie sie diese in Bezug auf die Entwicklung des Naherholungsgebietes Steg/Malbun und in Bezug auf die Umsetzbarkeit sowie die Finanzierbarkeit bewertet. Die Freie Liste hat nun aber in einem Leserbrief von letztem Samstag von dieser absoluten Forderung nach einer neuen Studie Abstand genommen. Ich bin auch froh, dass der Abgeordnete Thomas Lageder dies heute nochmals untermauert hat und Hand dafür gereicht hat, dass nicht alles neu gemacht werden muss, sondern bestehende Studien für die etwaige Postulatsbeantwortung herangezogen werden können.

Obwohl die Freie Liste ihr Hauptaugenmerk auf den ökologischen Faktor legt, lässt sie in ihrer Begründung der Regierung grösstenteils freie Hand, welche Schwerpunkte diese Varianten haben sollen. Die Freie Liste möchte die gesamte Palette von Desinvestition bis hin zu - wie die Freie Liste es nennt - ‘klassischen’ Optionen mit technischen Lösungen als Varianten abgeklärt haben. Somit wird der Regierung der notwendige Handlungsspielraum in Bezug auf Varianten für die Weiterentwicklung gelassen und sie nicht in ein Freie Liste ideologisches Korsett gedrängt. Das war für mich von besonderer Wichtigkeit, um überhaupt für die Überweisung dieses Postulates sein zu können.

Die Freie Liste betont aber hierzu, dass sie diese ‘klassische’ Option kritisch sehe und von ihr wenig zukunftsträchtig eingeschätzt werde. Diesbezüglich bin ich anderer Ansicht. Ich glaube, dass langfristig diese ‘klassische’ Option mit technischen Lösungen die einzige Variante ist, welche in Bezug auf die finanzielle Nachhaltigkeit, auf welche die Freie Liste auch besonderes Augenmerk gelegt haben möchte, Sinn ergibt. Mit einer aus staatlichen Geldern finanzierten lächerlichen ‘Schaukelverhinderungspolitik à la LGU’ wird man das finanzielle Problem der Bergbahnen Malbun AG nicht lösen.

Es darf doch nicht ausser Acht gelassen werden, dass sich das Naherholungsgebiet Malbun gerade im Winter in einem Konkurrenzkampf mit mehreren Skigebieten in der nahen Region befindet. Auch wenn die Freie Liste auch das Sommerangebot untersucht haben möchte, ist meines Erachtens der Schwerpunkt auf den Winter zu legen. Die Bergbahnen Malbun AG macht 90 Prozent des Umsatzes im Winter, weshalb darauf der Fokus gelegt werden muss.

Und gerade im Winter hinkt Malbun bzw. die Bergbahnen mit ihren infrastrukturellen Voraussetzungen der Konkurrenz hinterher, was sich auch auf den Skibetrieb und somit auf die Einnahmenseite der Bergbahnen auswirkt. Benötigen andere Skigebiete wenige Tage, um das gesamte Skigebiet schneesicher zu machen und um den Skibetrieb sicherstellen zu können, fehlt es in Malbun an der idealen Infrastruktur hierfür. In Malbun wird punktuell beschneit, weshalb Helikopterflüge benötigt werden, um Beschneiungsanlagen von der einen zur anderen Piste zu transportieren. Ob das ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist?

Es dürfte auch nur noch wenige Skigebiete geben, welche fast einen Drittel des gesamten Pistenangebotes nicht beschneien können, wie es in Malbun mit der Sareiser-Seite der Fall ist. Fakt ist, dass in den letzten Jahren die Bergbahnen Malbun AG für die Hauptsaison über die Weihnachtsfeiertage praktisch nie das komplette Lift- und Pistenangebot öffnen und anbieten konnte. Und dies in erster Linie nicht wegen dem Klimawandel, sondern wegen infrastrukturellen Defiziten. Denn die umliegenden Skigebiete waren für die Hauptsaison gerüstet, weil sie ihre Infrastruktur weiter ausgebaut und modernisiert haben. Als Beispiel sei nur das Skigebiet Pizol erwähnt, welches in die Erweiterung der Beschneiungsanlage investierte und mit Beginn der Hauptsaison ideale Voraussetzungen für den Skibetrieb anbieten konnte und kann. Davon ist die Bergbahnen Malbun AG weit entfernt und dann erwartet man, dass Tagesgäste aus der Region während den Weihnachtsferien ins Malbun kommen, wenn nur ein Lift in Betrieb ist, während andere regionale Skidestinationen beinahe alle Anlagen öffnen konnten?

Diese infrastrukturellen Defizite sind nicht nur zum Nachteil der Bergbahnen, sondern aller Wirtschaftsbetriebe des Malbuntals - von Hotels bis Skischule und somit auch eine Gefahr für Arbeitsplätze. Heinz Vogt bezeichnet die Bergbahnen als ‘Hauptlebensader von Malbun’. Da gebe ich ihm Recht, weshalb meines Erachtens die von der Freien Liste geforderten Varianten in erster Linie die ökonomische bzw. finanzielle Nachhaltigkeit der Bergbahnen Malbun AG zum Inhalt haben sollten.

Die Freie Liste möchte, dass die Regierung bei ihren Varianten zur Weiterentwicklung des Naherholungsgebietes Malbun/Steg Aspekte des sanften Tourismus einbeziehen soll. Das bedeutet unter anderem, dass der Tourismus so wenig wie möglich auf die Natur einwirken bzw. ihr schaden soll. Natürlich wäre dies die Idealvorstellung. Doch ist mit einer solchen Vorgabe das Naherholungsgebiet Malbun wirtschaftlich bzw. ökonomisch zu betreiben? Ich glaube nicht.

Wenn wir - auch im Vergleich zum regionalen Angebot - konkurrenzfähige Bergbahnen wollen, dann wir man an einem Ausbau der Beschneiungsanlage sowohl in Bezug auf die Anzahl an Schneekanonen als auch in Bezug auf das beschneite Pistenangebot und hinsichtlich einer optimalen Wasserspeicherung für die Beschneiung nicht herumkommen. Die neusten Möglichkeiten erlauben es, diese sehr naturnah zu erstellen, auch so, dass sie im Sommer nicht zu sehen sind. Auch der Ausbau der Pistenangebote und weiterer Attraktionen wird immer wieder diskutiert und sollte nicht von vornherein ausgeschlossen werden.

Ich glaube auch, dass man Malbun und Steg nicht über einen Kamm scheren kann, sondern differenziert betrachtet werden müssen. Der von den Postulaten angesprochene sanfte Tourismus ist für den Steg eher in Betracht zu ziehen als für Malbun. Die Grundvoraussetzungen beider Orte sind grundsätzlich anders gelagert, weshalb auch unterschiedliche Möglichkeiten zur Weiterentwicklung untersucht werden müssen. Schnittstellen sehe ich nur sehr wenige. In Malbun spielt der ökonomische Aspekt mit den Bergbahnen, den Hotels und Restaurants eine viel grössere Rolle als für Steg. Deshalb bitte ich die Regierung, in einer etwaigen Postulatsbeantwortung Steg und Malbun differenziert zu betrachten.

Ich zweifle daran, dass Wintersporttourismus und Ökologie so unter einen Hut zu bringen sind, dass beide Vorteile daraus ziehen können. Und deshalb frage ich mich, ob es nicht sinnvoll wäre, diese Ausgangsituation nicht nur mit Blick auf Malbun oder Steg zu lösen zu versuchen, sondern mit Blick auf das ganze Land. Eventuell gäbe es Möglichkeiten einen stärkeren Eingriff in die Natur in Malbun an einem anderen Ort unseres Landes zu kompensieren. Wäre es nicht sinnvoll zu prüfen, ob die Liste von Naturschutzgebieten in Liechtenstein ausgebaut werden könnte? Oder wäre es zielführend als Kompensation einen Teil unseres Hochalpinen Gebiets als Naturpark bzw. Nationalpark auszuscheiden, in welchem dem ökologischen Aspekt zu 100 Prozent Vorrang gegeben wird und in Malbun den ökonomischen bzw. betriebswirtschaftlichen Aspekt über den ökologischen zu stellen?

Ich bin der Überzeugung, dass eine Zwitterlösung von Ökologie und Ökonomie für die Wirtschaftsunternehmen in Malbun und hierbei in erster Linie für die Bergbahnen Malbun AG keine finanzielle Nachhaltigkeit bringen wird. Entweder wollen wir in Malbun Tourismus - mit allen Vor- und Nachteilen - oder wir wollen dem Malbuntal höchste ökologische Bedeutung zukommen lassen. Ein Mix aus beidem wird beiden zum Nachteil generieren. Die Bergbahnen werden niemals finanziell nachhaltig wirtschaften können und der Natur kommt damit auch nicht der ihr gebührende Schutz zu.

Neben den - auch von den Postulaten - erwähnten ökonomischen und ökologischen Faktoren fehlt mir die gesellschaftliche Perspektive im Postulat komplett. Unsere Naherholungsgebiete Malbun und Steg haben gesellschaftliche Bedeutung - und zwar im Sommer und Winter. Im Winter ist Malbun Anlaufstelle der Skiclubs der Gemeinden, welche neben Renntrainings auch Skikurse für die Jüngsten anbieten. Diese ehrenamtliche Tätigkeit kommt der Jugend unseres Landes direkt zu nutze. Wer sich im Sommer in Steg oder Malbun aufhält, erkennt, dass unsere Naherholungsgebiete intensiv von Familien genutzt werden - sei es mit Wanderungen in unserer Bergwelt oder mit Verweilen am Gängle-See in Steg. Man darf die gesellschaftliche Komponente, welche Steg und Malbun auf unsere Jugend und unsere Bevölkerung haben, nicht ausser Acht lassen, wenn man von der Zukunft und von Varianten zur Weiterentwicklung spricht. Diese Bedeutung von Malbun und Steg würdigt die Freie Liste in ihrem Postulat überhaupt nicht.

Ich werde der Überweisung des Postulats an die Regierung zustimmen, auch wenn ich mit einigen Ausführungen der Freien Liste nicht einverstanden bin. Ich finde es aber wichtig, dass der Landtag grundlegend über verschiedene Varianten der Entwicklung unserer Naherholungsgebiete Malbun und Steg diskutieren und dann - in einem weiteren Schritt - über die notwendigen finanziellen Mittel entscheiden kann. Mir erscheint dieses Postulat das richtige Gefäss zu sein, um einerseits einen Schritt weiterzukommen und andererseits zeitnah zu einem Entscheid zu kommen, wie sich Malbun und Steg langfristig entwickeln sollen.

Postulat Direktwahl der Regierung

Direktwahl der Regierung bedeutet weniger Rechte für den Landesfürsten

Landtagsvotum zum Postulat 'Direktwahl der Regierung durch das Volk'

Das Postulat zur Direktwahl der Regierung durch das Volk greift ein Thema auf, welches in der Bevölkerung immer wieder intensiv diskutiert wird. Umfragen brachten zu Tage, dass dieses Ansinnen sehr wohl auf Akzeptanz in der Bevölkerung stösst. Diese Umfragen sind jedoch mit Vorsicht zu geniessen, wurde die Frage nach der Einführung einer Direktwahl der Regierung durch das Volk ohne öffentliche Diskussion und ohne Kenntnis der Folgen, welche damit auf das politische System inklusive der Landesverfassung einher gehen, gestellt. Es gibt Studien, welche sich mit diesem Thema befassen; namentlich jene des Liechtenstein-Instituts und jene der Stiftung für Ordnungspolitik und Staatsrecht. Die Veröffentlichungen dieser Studien lösten jedoch keine grossen öffentlichen Diskussionen um dieses Thema aus. So darf man - so glaube ich - davon ausgehen, dass sich ein Grossteil der Bevölkerung über die Auswirkungen einer Direktwahl der Regierung auf unser politisches System, auf unseren Dualismus von Fürst und Volk und somit auch auf die Landesverfassung gar nicht bewusst ist.

Die Einführung einer Volkswahl der Regierung strahlt auch auf mich einen gewissen Charme aus. Keine Frage: Es wäre eine Stärkung der Volksrechte, damit auch ein Ausbau an Demokratie und somit eine Stärkung der direktdemokratischen Kompetenzen der Bevölkerung. Doch zu welchem Preis wäre dies zu haben? Genau dies soll mit diesem Postulat abgeklärt werden. Auch wenn es bereits Studien hierzu gibt, erachte ich es als sinnvoll, dass dieses Thema von der Politik selbst aufgearbeitet wird und die Folgen eines solchen Systemwechsels auf den Dualismus, auf die Verfassung und somit auf das politische System unseres Landes klar und deutlich kenntlich gemacht werden. Aus diesem Grunde spreche ich mich für Überweisung des Postulates an die Regierung aus.

Eine Hoffnung muss ich den Postulaten jedoch nehmen: Die Einführung einer Direktwahl der Regierung durch das Volk wird nicht ohne Abstriche bei den Rechten des Landesfürsten möglich sein. Für mich ist dies ein Widerspruch im Postulatstext. Nach Art. 80 Abs. 1 der Landesverfassung erlischt die Befugnis zur Ausübung des Amtes, wenn die Regierung das Vertrauen des Landesfürsten oder des Landtages verliert. Diese Verfassungsbestimmung wird bei einer Volkswahl der Regierung nicht zu halten sein, weil dann der Dualismus nicht mehr im Gleichgewicht ist, sondern ein Souverän - in diesem Fall der Landesfürst - einen Entscheid des anderen Souveräns - jener des Volkes - aushebeln kann. Das Gleichgewicht dieses Artikels beruht darauf, dass nicht ein Souverän die Regierung wählt, sondern nur ein Vertreter des Souveräns, sprich der Landtag. Beide können heute - unabhängig voneinander - der Regierung das Vertrauen entziehen.

Darüber hinaus zweifle ich auch an der Rechtmässigkeit des Wunsches der Postulanten, dass der Landtag auch bei einer Volkswahl der Regierung die Möglichkeit haben soll, die Regierung oder einzelne Regierungsräte zu entlassen. Diesbezüglich habe ich einige Bedenken. Dem Landtag soll damit das Recht zugestanden werden, einen Volksentscheid aufzuheben bzw. abzuändern. Das geht meines Erachtens nicht; falls doch, müsste dies mit sehr detaillierten Vorgaben und Voraussetzungen hinsichtlich der Bedingungen und der Vorwürfe an die Regierung einher gehen, damit das Parlament einen Volksentscheid aushebeln kann. Vermutlich müssten strafrechtliche Gründe vorliegen, um eine solche Entlassung umzusetzen. Einen solchen Entscheid nur auf Basis des Verlustes des Vertrauens zu fällen, ginge dann nicht mehr. So einfach darf es dann nicht sein, eine Volkswahl auszuhebeln. In der Folge käme dies einer erheblichen Schwächung des Landtages gleich.

Ich bin der Überzeugung, dass die Direktwahl der Regierung durch das Volk erhebliche Veränderungen bzw. Verschiebungen auf unseren verfassungsmässigen Dualismus und das Zusammenspiel der beiden Souveräne Fürst und Volk haben wird. Damit rütteln wir an den Grundfesten unserer verfassungsmässigen Ordnung und an unserem Modell des Dualismus zwischen Fürst und Volk, der für mich ein Grundpfeiler des Erfolges unseres Landes ist. Das wäre mit mir nicht zu machen.

Ich bin überzeugt, dass dies auch mit der Bevölkerung nicht zu machen wäre. Ich verweise diesbezüglich auf die Volksabstimmung ‘Ja, damit deine Stimme zählt’ aus dem Jahre 2012, bei welcher 76.4 Prozent der Stimmberechtigten gegen eine Verfassungsinitiative gestimmt haben, mit welcher das Sanktionsrecht des Fürsten und damit sein von der Verfassung vorgegebenes politisches Mitwirkungsrecht eingeschränkt hätte werden sollen. Die Direktwahl der Regierung durch das Volk würde das Mitwirkungsrecht des Landesfürsten in einer anderen Bestimmung der Verfassung einschränken. Ich bin überzeugt, dass - wenn sich die Befragten der erwähnten Umfragen dem bewusst gewesen wären - sich keine Mehrheit für die Einführung der Direktwahl der Regierung durch das Volk ergeben hätte. Das Volk hat im Sommer 2012 mit über 76 Prozent der abgegebenen Stimmen deutlich gemacht, dass es keine Abstriche an den Rechten des Landesfürsten befürwortet und den Dualismus zwischen Fürst und Volk höher bewertet. Ich zweifle nicht daran, dass dies auch beim Thema Direktwahl der Regierung so sein wird. Der heute geltende Dualismus zwischen dein beiden Souveränen Fürst und Volk stösst in der Bevölkerung auf breite Akzeptanz, daran wird auch der Charme einer Direktwahl der Regierung nichts ändern. Dies umso mehr, als sich die heute gültige Regelung der Wahl der Regierung durch den Landtag nicht als nachteilig für unser Land erwiesen hat. Das Land hat sich in den letzten Jahrzehnten mit diesem System so positiv entwickelt. Es gibt keinen Grund, deswegen an unserer Grundordnung, an unserem Dualismus und an Teilen unserer Verfassung zu rütteln.

Darüber hinaus lässt der Begründungstext der Postulanten sehr viele Fragen, die mit einer Volkswahl der Regierung an sich einher gehen, unerwähnt. Dieses Postulat macht jedoch nur Sinn, wenn das Thema ‘Direktwahl der Regierung durch das Volk’ gesamtheitlich betrachtet wird und alle Perspektiven und Möglichkeiten beleuchtet werden. Sofern das Postulat an die Regierung überwiesen wird, bitte ich die Regierung, sich auch folgenden Punkten bzw. Fragen, die im Begründungstext unerwähnt bleiben, zu widmen und hierzu Ausführungen in Anlehnung an den Postulats-Auftrag zu machen:

1.) Art. 79 Abs. 5. der Landesverfassung gibt vor, dass bei der Bestellung der Kollegialregierung darauf Rücksicht zu nehmen sein, dass auf jede der beiden Landschaften wenigstens zwei Mitglieder entfallen. Wie kann gewährleistet werden, dass bei einer Direktwahl der Regierung durch das Volk eine Regierung ins Amt kommt, welche Art 79 Abs. 5 der Landesverfassung gerecht wird? Wie kann bei einer Volkswahl darauf Rücksicht genommen werden, dass Ober- wie Unterland dementsprechend in der Regierung vertreten sind?

2.) Wie kann bei einer Volkswahl der Regierung ein Regierungschef und ein Regierungschef-Stellvertreter gewählt werden? Sind dies einzelne Wahlen oder Wahlen im Rahmen der Wahl in die Regierung? Wie soll sich die Regierung dann konstituieren?

3.) In den Schweizer Kantonen werden die Mitglieder der Regierung im Majorzwahlsystem gewählt. Meines Erachtens wäre dies das richtige Wahlsystem für die Regierung. Doch damit gehen verschiedene Fragen einher.

- Wann soll gewählt werden - am Tag der Landtagswahl oder zeitlich versetzt, damit die Bevölkerung einen Teil der Wahlergebnisse kennt?

- Ein etwaiger zweiter Wahlgang müsste so oder so zeitlich zur Landtagswahl verschoben durchgeführt werden. Würden die Stimmen für den Landtag schon ausgezählt und verkündet oder würden diese bis zur definitiven Entscheidung bei der Regierungswahl unter Verschluss gehalten, so wie es beispielsweise bei den Gemeindewahlen üblich ist, bei welchen die Stimmen für den Gemeinderat erst nach einer definitiven Wahl des Vorstehers ausgezählt werden?

4.) Wie sollen die Regierungsrat-Stellvertreter gewählt werden? Soll diese Kompetenz beim Landtag bleiben oder diese auch mittels Volkswahl bestimmt werden? Wie könnten diese durch das Volk gewählt werden, ohne Art. 79 Abs. 5 zu verletzen, der vorschreibt, dass die Stellvertreter der gleichen Landschaft zu entnehmen sind? Die Schweizer Kantone kennen keine Regierungsrat-Stellvertreter. Müsste bei einer Volkswahl der Regierung das Amt des Regierungsrat-Stellvertreters eventuell sogar abgeschafft werden, da bei einem Ausscheiden eines Regierungsrates so oder so eine Neuwahl durchgeführt werden müsste und die Stellvertretung in der Übergangzeit innerhalb der Regierung gelöst werden könnte?

Das Thema ist komplex und wirft einige Fragen auf. Wie erwähnt macht dieses Postulat nur deshalb Sinn, um alle Vor- und Nachteile und die Auswirkungen auf unsere Verfassung klar darzulegen und dann eine fundierte Diskussion inklusive aller Auswirkungen entstehen zu lassen. Damit wird auch den Diskussionen in der Bevölkerung zu diesem Thema und der überwiegenden Zustimmung zu diesem Systemwechsel anlässlich der Umfragen Rechnung getragen.

Kein Grund ist für mich das Argument der Postulanten, dass sich die politische Landschaft in Liechtenstein stark verändert habe und 30 Prozent der Bevölkerung nicht in der Regierung vertreten seien. Im Ausland sind es sehr oft höhere Prozentzahlen, welche nicht in der Regierung vertreten sind. Das ist nun Mal in einem demokratischen Mehrheitssystem so. Für mich ist dies eher ein Argument gegen die Einführung der Direktwahl der Regierung durch das Volk als dafür. Opposition gehört zur Demokratie und eine starke Opposition ist als Kontrollorgan ebenso wichtig wie die Mehrheit in einem parlamentarischen System. Eine Direktwahl der Regierung durch das Volk könnte nämlich dazu führen, dass es faktisch keine Opposition mehr gibt, falls von allen Parteien Personen in die Regierung gewählt werden. Dies erachte ich nicht als erstrebenswert.

Liechtenstein Mobil - Petition 'Direkte Busverbindung Felkirch-Ruggell-Salez'

ÖV-Angebot hat sich auf wirtschaftliche Entwicklungen auszurichten

Landtagsvotum zur Petition 'Direkte Busverbindung Feldkirch-Ruggell-Salez'

Die Petition ‘Direkte Busverbindung Feldkirch-Ruggell-Salez’ hat ihre Berechtigung. Sie ist die logische Folge eines stark wachsenden Industrie- und Wirtschaftsstandortes Ruggell während den letzten 10 Jahren. Dass auch der Öffentliche Verkehr auf dieses Wachstum reagieren und sein Angebot diesbezüglich anpassen bzw. erweitern sollte, liegt deshalb auf der Hand. 

Ich bin überrascht, dass es überhaupt eine solche Petition braucht. Eigentlich erwarte ich von jenen, die für das Angebot des Öffentlichen Verkehrs verantwortlich zeichnen, dass sie auf Veränderungen des Wirtschaftsplatzes reagieren und ihr Angebot dementsprechend ausrichten. Das Wachstum des Wirtschaftsplatzes Ruggell und die Veränderungen, welche sich damit ergeben haben, sind enorm. Dieses Wachstum ist mit einem erheblichen Anstieg an Arbeitsplätzen verbunden und somit auch mit einem Anstieg an möglichen Fahrgästen von Liechtenstein Mobil.

Erstaunt war ich ob den Ausführungen des Geschäftsführers von Liechtenstein Mobil bei Vaterland online vom 14. Oktober 2019. Er kündigte eine solche Busverbindung frühestens für das Jahr 2022 an. Der grenzüberschreitende Öffentliche Verkehr über drei Länder hinweg sei komplex, das liegt auf der Hand; beim Ausbau des grenzüberschreitenden Verkehrs bestehe noch Potential, auch das scheint unbestritten zu sein. Dass er die langen Standzeiten und somit die wirtschaftlichen Faktoren als Hemmnis einer solchen Busverbindung ansieht und eine Einbindung in das aktuelle Fahrplangefüge nicht möglich sei, überrascht doch.

Gerade sein Verweis auf die wirtschaftlichen Faktoren sorgte bei mir für Stirnrunzeln. Liechtenstein Mobil ist ein öffentlich-rechtliches Unternehmen, welches einen Service Public zu erfüllen hat. Hierfür wird das Unternehmen jährlich mit 14.5 Mio. Franken unterstützt. Ohne diese Subvention wäre Liechtenstein Mobil gar nicht überlebensfähig. Das Eigenkapital per 31. Dezember 2018 betrug knapp 4 Mio. Franken, dies bei einem Dotationskapital von 2 Mio. Franken, womit Liechtenstein mobil sein Eigenkapital beinahe verdoppelte. Dies führte dazu, dass - um Negativzinsen zu verhindern - Wertschriften in der Grössenordnung von 1 Mio. Franken gekauft wurden. Diese gute Eigenkapitalsituation führte dazu, dass Liechtenstein mobil im Jahr 2018 2/3 des Einnahmeüberschusses von 370’00.-- Franken an das Land zurückerstatten musste. So kam es, dass 2018 knapp 250'000.-- Franken an das Land zurückflossen. Das mag gut für den Staatshaushalt sein, aber ich Frage mich, ob dies im Sinne der Sache ist. Dies umso mehr, als der gesamte Betrag zurückerstattet werden muss, wenn das Eigenkapital über 4 Mio. Franken zu liegen kommt. Dies veranlasste Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch im Rahmen der Diskussion um den Geschäftsbericht 2018 zur Aussage: «Also das soll eigentlich die LIEmobil motivieren, alles zu brauchen.» Dies in Anlehnung an die Eignerstrategie, in welcher festgeschrieben wurde, dass Liechtenstein mobil keine Gewinne erwirtschaften müsse, sondern nur ein ausgeglichenes Budget anzustreben habe, auch wenn natürlich eine angemessene Reserve, die auch in der Eignerstrategie festgehalten ist, vorteilhaft ist. Ob eine Verdoppelung des Eigenkapitals noch als angemessene Reserve subsumiert werden kann, ist eine Interpretationsfrage. Doch bei diesen Grundvoraussetzungen sieht der Geschäftsführer von Liechtenstein Mobil die Einführung dieser gewünschten Buslinie aus wirtschaftlichen Gründen skeptisch?

Ich erwarte von Liechtenstein mobil, dass sie ihren Service Public erfüllt und gerade auch im grenzüberschreitenden Angebot das noch vorhandene Potential auszuschöpfen versucht. Wenn wir unser Verkehrsproblem, das zu einem grossen Teil aus Ziel- und Quellverkehr zu den beginnenden und endenden Berufs-Arbeitszeiten besteht, reduzieren wollen, müssen wir das grenzüberschreitende ÖV-Angebot ausbauen und hierfür wird Liechtenstein mobil einen erheblichen Beitrag zuerkannt und der ÖV-Anbieter hat deshalb auch einen dementsprechenden Service Public umzusetzen.

Und ähnlich verhält es sich mit der Streichung der Verbindung Mauren-Schellenberg bzw. der Linie 33 ab 19.30 Uhr. Dabei handelt es sich um eine Verbindung zwischen zwei Gemeinden, von welcher auch Quartiere in Mauren und in Schellenberg tangiert sind. Ich unterstütze den Antrag des Gemeinderates von Mauren, der von Liechtenstein mobil fordert, diese Verbindung nach 19.30 Uhr wieder aufzunehmen. Gerade im Hinblick auf die zuvor genannten Zahlen ist für mich auch diese Entscheidung nicht nachzuvollziehen und für mich eine klare Verletzung des Service Public Auftrags, zumal das Anbieten von Verbindungen zwischen Gemeinden ebenfalls in der Eignerstrategie erwähnt ist.

Die Forderung der Petition ist übrigens auch in der Eignerstrategie festgehalten. Darin steht geschrieben: «Der Verkehrsbetrieb Liechtenstein mobil hat dafür zu sorgen, dass die von der Bevölkerung und Wirtschaft verlangte Versorgung mit öffentlichen Mobilitätsdiensten bereitgestellt und die internationale Erreichbarkeit Liechtenstein in hoher Qualität gewährleistet wird.» Nichts anderes verlangt die Petition, weshalb ich mich für Überweisung an die Regierung ausspreche und die Regierung auffordere, diese nicht nur in einer Schublade verschwinden zu lassen, sondern Liechtenstein mobil aufzufordern, so rasch als möglich diese Busverbindung ins Leben zu rufen.