Samstag, 1. April 2017

Predigt anlässlich der Landtagseröffnung

Predigt nicht pauschal ablehnen, sondern deren Inhalte diskutieren!


Die Predigt von Generalvikar Markus Walser, welche er im Rahmen der Heiligen Messe im Vorfeld der Landtagseröffnung hielt, wird teilweise heftig kritisiert. Sie löse 'Kopfschütteln' aus, titelt das Liechtensteiner Vaterland am 1. April 2017. Während die einen im Anschluss an die Heilige Messe eine schlechte Stimmung festzustellen glaubten, waren für andere die angesprochenen Fakten in der Predigt praktisch vollumfänglich falsch und schlecht recherchiert.

Ist es gerechtfertigt, dass die Predigt von Generalvikar Markus Walser pauschal und vollumfänglich kritisiert bzw. sogar abgelehnt wird? Wäre es nicht zielführender, sich mit den einzelnen angesprochenen Inhalten genauer auseinanderzusetzen? Ich meine letzteres sollte der Fall sein. Auch wenn - zugegebener Massen - gewisse Aussagen nicht akzeptabel und verletzten waren, wurden Themen angesprochen, welche es zumindest Wert sein sollten, diskutiert zu werden. Eine pauschale Ablehnung und Verurteilung wird den angesprochenen Inhalten nicht gerecht.

Zu den Hauptinhalten der Predigt gehörte die Gesundheitspolitik. Generalvikar Walser sagte unter anderem:
"Wir können uns ein Landesspital leisten. Wir haben eine private chirurgische Klinik in Gamprin. Wir haben bald eine private Burn out Klinik auf Gaflei. Doch wenn unsere Nachkommen das Licht der Welt erblicken, müssen ihre Mütter -hoffentlich begleitet und unterstützt von den Vätern dieser Kinder - für die Geburt in ein weniger reiches Nachbarland reisen. Wenn unsere kleinen Nachkommen dann noch schwer erkranken sollten, müssen ihre Eltern sie in ein weniger reiches Nachbarland bringen, weil wir uns hierzulande keine Kinderabteilung eines Spitals leisten können oder wollen."
Mit dieser Aussage hat Generalvikar Walser vollumfänglich Recht. Im souveränen Staat Liechtenstein ist es nicht möglich, ein Kind zu gebären. Kinder, welche Krankheiten haben, die Spitalaufenthalte notwendig machen, sind gezwungen, sich im näheren oder weiteren Ausland in Spitalbehandlung zu begeben. Das souveräne Land Liechtenstein bietet hierfür keine Möglichkeit. Diese beiden Tatsachen sind es meines Erachtens Wert, diskutiert und nicht pauschal und ohne Gegenargumente abgelehnt zu werden. Für mich gehört es zu den Staatsaufgaben eines Landes, die Geburt eines Kindes auf dem eigenen Staatsgebiet sicherzustellen. Für Liechtenstein ist dies keine Staatsaufgabe, was ich sehr bedauere.

Generalvikar Markus Walser äusserte sich auch zur Finanzpolitik während der letzten Legislaturperiode. Er führte aus:
"Warum haben viele Politiker im deutschsprachigen Raum Angst vor sogenannten populistischen Parteien? Etwa weil sie mit ihren Ohren die Sorgen der einfachen Leute hören und in ihren Entscheidungen auch berücksichtigen müssten? Armut gibt es nicht nur in Timbuktu. Armut gibt es auch hierzulande, und zwar nicht nur bei den Menschen, die unter dem hiesigen Existenzminimum leben. Freilich, auch solche gibt es. Diejenigen, die knapp über dem Existenzminimum leben, sind die Hauptbetroffenen der in den letzten Jahren erfolgten Umverteilung durch Steuersenkungen und Gebührenerhöhungen. Denn für sie fallen höhere Gebühren viel mehr ins Gewicht als für die finanziell Bessergestellten."
Damit hat der Generalvikar ein weiteres Thema angesprochen, über welches eine Diskussion in unserem Land geführt werden sollte. Fakt ist, dass es bei uns im Land etliche Familien und Einzelpersonen gibt, für welche das Leben im Hochpreisland Liechtenstein beinahe unerschwinglich geworden ist. Damit sind nicht nur die hohen Bodenpreise gemeint, welche schon viele Jugendliche veranlasst haben, ins benachbarte Ausland umzuziehen, um dort Eigentum zu erwerben und eine Familie zu gründen. Davon tangiert sind vielmehr auch die hohen Lebenshaltungskosten, welche für viele Familien nahezu unerschwinglich geworden sind. Der stetig steigende Einkaufstourismus ins benachbarte billigere Euro-Ausland oder ins kostengünstigere Internet haben nämlich auch ihre Gründe. Es muss uns klar sein, dass die internationale Entwicklung, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht und die Reichen im reicher bzw. die Armen im ärmer werden auch bei uns eingesetzt hat und sich weiterführen wird. Dass Kostensteigerungen - sei es von der öffentlichen Hand oder der Privatwirtschaft - bei den Familien und Einzelpersonen am oder unter dem Existenzminimum stärker ins Gewicht fallen, ist ebenfalls nicht wegzudiskutieren. Auch dieses von Generalvikar Markus Walser angesprochene Thema muss es Wert sein, vertieft diskutiert zu werden. 

Diese Liste an Inhalten, welche es Wert wären vertieft diskutiert zu werden, liesse sich noch ergänzen. Aber natürlich finden sich auch Aussagen in der Predigt, welche besonders die Landtagsabgeordneten der letzten vier Jahre zu Recht als Frechheit betiteln. Sie haben zusammen mit der Regierung versucht, in einer sehr schweren finanzpolitischen Situation unser Land zu entwickeln, was ihnen im Grossen und Ganzen auch sehr gut gelungen ist. Wenn man sich dann in einer Predigt im Rahmen einer Heiligen Messe die Aussage 
"Wenn ich am Landtagsgebäude vorbeigehe, ist dessen Dach für mich irgendwie ein Bild für die erwähnte Kurzsichtigkeit und auch allgemein für den Zustand dessen, was darunter in den letzten Jahren bisweilen abgelaufen ist" 
anhören muss, ist dies ein pauschaler und nicht zu akzeptierender Vorwurf, da er so einfach falsch ist. Generalvikar Markus Walser hat sich mit dieser und weiteren ähnlichen Aussagen auch keinen Gefallen getan. Sie führen nämlich dazu, dass sie die eigentlichen sachpolitischen Inhalte der Predigt in der öffentlichen Diskussion überstrahlen und eine generelle Ablehnung der getätigten Aussagen zur Folge haben. Damit schadet er nicht nur sich selbst, sondern auch seiner Intention, auf gewisse Entwicklungen in unserem Land hinzuweisen und damit zum Nachdenken und zum Diskutieren anzuregen. 

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