Bei den Betroffenen geht es teilweise um Existenzen
Votum anlässlich der Landtagsdebatte zur Interpellationsbeantwortung Besteuerungspraxis Spitalangestellte und BZB-LehrkräfteDie Interpellationsbeantwortung zur Besteuerungspraxis von Spitalangestellten und BZB-Lehrkräften bringt meines Erachtens eines deutlich zum Vorschein: Das Ansehen Liechtensteins in der Schweiz und die Bereitschaft der Schweiz und der angrenzenden Kantone, auf unsere Bedürfnisse einzugehen und gemeinsame Lösungen zu finden, hat abgenommen. Auch wenn es hypothetisch ist, so glaube ich, dass diese Thematik vor 20 oder 30 Jahren anders gelöst und eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung, mit welcher sich auch die Betroffenen einverstanden erklären hätten können, gefunden worden wäre.
Wir sind nicht unschuldig, dass die Reputation unseres Landes bei unserem wichtigsten Partner Schweiz und seine Hilfsbereitschaft abgenommen haben. Zu oft haben wir ihn während den letzten Jahren und Jahrzehnten vor den Kopf gestossen. Telekommunikation, Finanzplatzstrategie, Spitalpolitik, Gesundheitspolitik sind nur ein paar Bereiche, bei welchen es zu Meinungsverschiedenheiten kam. Dass wir hierbei in einer schlechteren Position sind und wir mehr auf die Schweiz angewiesen sind als die Eidgenossenschaft auf uns, liegt auf der Hand. Die Folgen bekommen wir nun zu spüren unter anderem mit dem klaren Nein, die Besteuerungspraxis für Spitalangestellte und BZB-Lehrkräfte aus Liechtenstein anders zu gestalten als für die eigenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Dieses Nein wurde in Stein gemeisselt, obwohl unsere Versicherten bzw. Krankenkassen jährlich mehrere Millionen für ambulante wie stationäre Leistungen den Schweizer Leistungserbringern oder Spitälern überweisen. Das zählt alles nicht, der Kanton St. Gallen hat die rechtliche Möglichkeit, sein Besteuerungsrecht auch ohne Zustimmung Liechtensteins durchzusetzen und tut dies auch. Dass mit der Vereinbarung verhindert werden konnte, dass eine rückwirkende Anwendung der Besteuerungspraxis eingeführt wurde und sie erst ab 2018 zum Tragen kommt, ist zwar positiv und kann als kleines Entgegenkommen bewertet werden, löst aber das Problem der Betroffenen in keiner Art und Weise.
Die Folgen haben die betroffenen Abreitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu tragen, welche Einkommensverluste bis zu 20 Prozent hinnehmen müssen. Dass sie sich als Opfer einer gescheiterten Verhandlungsführung fühlen, kann und darf ihnen nicht übelgenommen werden. Sie sind schliesslich die Leidtragenden dieser Politik.
Keine Frage, der Regierung sind die Hände gebunden. Verhandlungen werden zwar von der Schweiz nicht konsequent abgelehnt, doch die im Vaterland publizierte Aussage des Mediensprechers des eidgenössischen Finanzdepartements (Zitat) «Sollte Liechtenstein ein Gesuch auf Neuverhandlungen stellen, wird die Schweiz dieses, wie es den freundnachbarschaftlichen Gepflogenheiten entspricht, prüfen» (Zitat Ende) bedeutet nichts anderes als eine freundlich formulierte Absage. Man kann nicht mit jemandem verhandeln, der nicht zum Verhandeln gewillt ist. Somit lässt sich an der Ausgangsituation nichts ändern.
Das bedeutet aber nicht gleichzeitig, dass den betroffenen Personen nicht geholfen werden kann. Ich finde es befremdend, wie jeder Wunsch und jede Aufforderung zu helfen mit dem Verweis, man könne nichts machen, das sei die Angelegenheit der Schweiz, abgetan wird. Das ist mir zu wenig.
Wurde versucht, den betreffenden Personen andere Anstellungsverhältnisse in Liechtenstein oder bei Spitälern, bei welchen unser Land noch zu den Eigentümern zählt, zu vermitteln? Könnten einige der betreffenden Personen beim Landesspital, bei Leistungserbringern oder bei der Augenklinik Reis, bei der Familienhilfe oder in Pflegeheimen einer Arbeit nachgehen? Wurde von Seiten der Regierung das Gespräch mit diesen Institutionen gesucht, um abzuklären, ob Bedarf besteht? Wurde mit den Verantwortlichen des Ostschweizer Kindespitals Kontakt aufgenommen, ob es Bedarf gibt, die eine oder andere betroffene Person, welche in der Kinder- und Säuglingsabteilung in Grabs tätig ist, zu übernehmen? Wurde mit heimischen Bildungsinstitutionen das Gespräch gesucht, um die Betroffenen BZB-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Möglichkeit einer Beschäftigung zu geben?
Meines Erachtens reicht es nicht, mit dem Finger auf die Böse Schweiz bzw. den bösen Kanton St. Gallen zu zeigen, welche die Schuld für diese neue Besteuerungspraxis tragen. Das mag richtig sein, doch damit ist den Betroffenen nicht geholfen. Und deshalb erwarte ich, dass die Regierung ihre Hilfe verstärkt, mit den Betroffenen das Gespräch sucht und Lösungsmöglichkeiten evaluiert und abklärt, ob bei heimischen Institutionen Bedarf besteht, die eine oder andere Person zu übernehmen. Eine passive Haltung ist meines Erachtens hier fehl am Platz.
Bei den Betroffenen geht es Teilweise um Existenzen, um ein Abrutschen in die Sozialhilfe, was diese unbedingt verhindern möchten. Es betrifft auch Alleinerziehende, welche eh schon jeden Franken zwei Mal umdrehen müssen und diese Einnahmeneinbussen vor erhebliche Probleme stellen. Das darf nicht vergessen werden. Liechtenstein hat in der Vergangenheit bei solchen Schicksalen, in welche Personen ohne eigenes Verschulden geraten sind und die auch teilweise politisch begründet sind, immer Hand gereicht. Dabei denke ich beispielsweise nur an den Konkurs einer Schreinerei im Jahr 2013, als das Land einen Millionenbetrag einschoss, um den Fehlbetrag in der Pensionskasse auszugleichen. Die Politik ist nicht nur für das Land, sondern auch für seine Bevölkerung verantwortlich, dies sollte bei diesem Thema bedacht werden.
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