Dienstag, 27. März 2018

Medienförderung

Objektivität und Neutralität zur obersten Prämisse der Medienförderung machen 

Votum anlässlich der Landtagsdebatte zum Postulat Medienförderung

Die Freie Liste möchte mit ihrem Postulat zur Medienförderung der Regierung zwei gänzlich verschiedene Aufträge erteilen. Zum einen soll die Wirksamkeit der Medienförderung in Bezug auf Medien- und Meinungsvielfalt überprüft sowie Vorschläge unterbreitet werden, wie die Medien- und Meinungsvielfalt sowie die Unabhängigkeit, Neutralität, Objektivität und Qualität der Medienunternehmen verbessert werden kann.

Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden. Diesen Auftrag unterstütze ich explizit, mehr noch: Wenn es um Medienförderung geht, ist er sogar zwingend notwendig. Zudem ergänzen sich in diesem Punkt die Interpellation der FBP-Fraktion und das Postulat der Freien Liste. Denn es geht nicht nur um eine Verbesserung, sondern auch um die Frage, wie Neutralität, Objektivität und Qualität gemessen und Unabhängigkeit hergestellt werden kann. Diesen Themen widmet sich die Interpellation in den Frageblöcken drei und fünf. Auch gegen die im Auftrag erwähnte Überprüfung der Wirksamkeit der Medienförderung in Bezug auf Medien- und Meinungsvielfalt ist nichts einzuwenden. Auch bei diesem Thema ergänzen sich Interpellation und Postulat, da sich der Fragenkomplex vier der Interpellation damit befasst.

Alleine schon wegen diesen Synergien spreche ich mich dafür aus, dass die Regierung - sollte das Postulat überwiesen werden - die Interpellationsbeantwortung und die Postulatsbeantwortung mittels eines Berichtes beantwortet, mit welchem eine gesamtheitliche Übersicht zur Entwicklung des Medienstandortes und zur Medienförderung dargelegt wird.

Zum anderen möchten die Postulanten, dass die Regierung mindestens eine repräsentative Volksbefragung bezüglich der Medienlandschaft in Liechtenstein in Auftrag gibt, um Aufschlüsse zu Finanzierungsvorstellungen, Qualitätsansprüchen, Konsumgewohnheiten und Weiterentwicklungsvorstellungen der Mediennutzer zu erfahren. Dieser zweite Teil des Auftrags bereitet mir Kopfzerbrechen. Weshalb soll gerade beim Thema Medien eine repräsentative Umfrage in Auftrag gegeben werden und weshalb wurde eine solche Umfrage beispielsweise nicht bei der Spitalfrage, bei der Schulbautenstrategie oder bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefordert? Was erhoffen sich die Postulanten aus dieser repräsentativen Umfrage? Ich glaube nicht, dass dies zielführend ist und irgendwie habe ich auch das Gefühl, dass sich auch die Postulanten nicht sicher waren, ob dieser Auftrag sinnvoll ist oder nicht. Anders kann ich mir nicht erklären, dass zusätzlich zur repräsentativen Umfrage ein Fragebogen an alle Interessierten Personen versandt werden soll. Was bezwecken die Postulanten damit? Es kommt mir so vor, als ob die Freie Liste Angst vor den Ergebnissen der repräsentativen Umfrage hat, weil sie ihren medienpolitischen Vorstellungen nicht entsprechen könnten. Deshalb soll zusätzlich noch einigen Parteimitgliedern oder medienpolitisch gleichdenkenden Personen die Möglichkeit gegeben werden, ihre Meinung kund zu tun, um die unangenehmen Resultate der repräsentativen Umfrage in ihrer Gewichtung zu schmälern. So, meine Herren von der Freien Liste, geht es nicht. Einer repräsentativen Umfrage wird nicht aus Spass das Attribut repräsentativ zuerkannt. Eine repräsentative Umfrage bringt ausschlaggebende, entscheidende, relevante und massgebende Resultate zum Vorschein, wie die Bevölkerung über ein Thema denkt. Eine solche Umfrage darf nicht durch die Befragung einer subjektiv positionierten Interessensgruppe geschmälert oder hinterfragt werden. Aus diesem Grunde würde ich mir wünschen, dass die von der Freien Liste im Auftrag gewählte Formulierung «mindestens eine repräsentative Volksbefragung» abgeändert wird. Wenn überhaupt, dann braucht es nur eine repräsentative Umfrage und nicht mindestens eine, wie die Freie Liste schreibt. Es darf nicht sein, dass eine repräsentative Umfrage schon in ihrem Auftrag abgeschwächt und die Bedeutung der Ergebnisse geschmälert werden soll.

Sollte das Postulat in dieser Form überwiesen werden, bitte ich die Regierung, von einem zusätzlichen Versand von Fragebogen abzusehen und für die repräsentative Umfrage ein angesehenes Schweizer Meinungsforschungsunternehmen zu beauftragen. Eine Internetumfrage mit Mehrfachteilnahmen reicht hier nicht und wäre auch nicht repräsentativ.

Von Interesse bei diesem Postulat ist nicht nur der Auftrag, sondern auch Teile der Begründung, mit welcher die Freie Listen einen tiefen Einblick in ihre medienpolitische Ideologie gibt.

Die Freie Liste möchte eine öffentlich-rechtliche Stiftung für ein einziges Liechtensteiner Medienunternehmen gründen. Dieser Vorschlag ist gleichbedeutend mit der Abschaffung der freien Marktwirtschaft im massenmedialen Printbereich und dem Ende der Pressevielfalt in unserem Land. Eine solche öffentlich-rechtliche Stiftung würde über kurz oder lang das Ende der Vaduzer Medienhaus AG und der Liechtensteiner Volksblatt AG bedeuten. Der Werbe- und Inseratepool in Liechtenstein ist schon für zwei Tageszeitungen zu klein. Nun soll zusätzlich eine staatlich finanzierte Tageszeitung ins Leben gerufen werden, die objektiv und neutral ist und alle Parteien gleichbehandelt. Marx und Engels oder meinet wegen auch Putin hätten die grösste Freude an diesem Vorschlag. Mehr Kommunismus im Pressebereich geht nun wirklich nicht.

Meines Erachtens müssen wir genau das Gegenteil tun. Um die Meinungs- und Medienvielfalt aufrecht zu erhalten, müssen wir die Medienförderung auf gänzlich andere bzw. neue Grundlagen stellen. Objektivität und Neutralität sollten zur obersten Prämisse der Medienförderung gemacht werden. Wie Objektivität und Neutralität gemessen werden kann, wird in der Interpellation befragt. Es gibt auch einfache Kriterien, welche die Gestaltung und Gewichtung von Medieninhalten betreffen. Sechs Seiten über einen Parteitag der einen Partei und eine halbe oder viertel Seite über Parteitage der anderen Parteien haben nichts mit Objektivität und Neutralität zu tun. Solche Beispiele liessen sich noch einige anführen. Es geht nicht darum, den Journalisten vorzuschreiben, was sie zu schreiben haben, sondern es geht in erster Linie um Gewichtung und Darstellung, um Fotoauswahl und Platzierungen von Berichten und um die Auswahl über was berichtet wird. Und um diesbezüglich den Medienhäusern grösste mögliche Freiheit zu geben, ist es wichtig und meines Erachtens zwingend, dass politischen Parteien oder sich in ihrem Besitz befindenden Stiftungen untersagt wird, sich gänzlich oder in Teilen an Massenmedien zu beteiligen. Wie das umgesetzt werden kann und welche Auswirkungen solch ein Verbot hätte, wird ebenfalls in der Interpellation befragt.

Journalismus als 4. Gewalt des Staates soll die Politik kontrollieren, weshalb den Medien in der anerkannten Kommunikationslehre eine Kritik- und Kontrollfunktion zuerkannt wird. Diese Kontrolle wird ad absurdum geführt, wenn der Kontrolleur Angestellter des zu kontrollierenden ist. Das kann nicht funktionieren, weshalb Medien bzw. Journalismus und Politik strikt zu trennen sind. Sie müssen sicher ergänzen, dürfen aber nicht miteinander verheiratet sein.

Mich stört es, wenn unser Land bei der Rangliste der Pressefreiheit 2017 von Reporter ohne Grenzen auf Rang 32 geführt wird - hinter Südafrika und vor Chile. Demgegenüber belegen die anderen deutschsprachigen Staaten die Ränge 7 Schweiz, 11 Österreich, 15 Deutschland und 16 Luxemburg. Ich bin überzeugt, dass diese schlechte Bewertung auch mit der gänzlichen oder partiellen Eigentümerschaft von Parteien bei Tageszeitungen zu tun hat.

Im Jahre 2014 belegten wir bei dieser Bewertung von Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen noch den sechsten Rang - hinter Andorra und vor Dänemark. Allein diese massive Abwertung unserer Pressefreiheit innerhalb von nur vier Jahren belegt, dass wir in Bezug auf die Pressefreiheit den Anschluss an die internationalen Normen verpasst haben und Nachholbedarf besteht.

Die Freie Liste schreibt in der Begründung auch, dass die beiden Tageszeitungen allen im Landtag vertretenen Parteien einmal pro Woche die Seite 3 kostenlos zur Verfügung stellen soll. Geschätzte Herren der Freien Liste, sie können heute schon so oft sie wollen die Seite 3 der beiden Tageszeitungen für ihre Inhalte zur Verfügung gestellt erhalten. Ich bin überzeugt, dass beide Medienhäuser ihnen sehr gute Angebote unterbreiten werden. Zu verlangen, diese Seite einmal wöchentlich gratis zu erhalten, schiesst über das Ziel hinaus. Ich kann Ihnen sagen, dass die FBP ihre im Volksblatt publizierten Inhalte wie Termine und dergleichen oder für die Standpunkte von Abgeordneten oder Parteienvertreter vergütet und ich weiss auch, dass die VU ihre neue Samstagsseite von der Vaduzer Medienhaus AG nicht kostenlos erhält. Sie irren, wenn Sie meinen, dass VU und FBP das Vaterland bzw. das Volksblatt kostenlos für die Verbreitung ihrer Texte und Inhalte nutzen kann. Das war vielleicht vor 30 Jahren noch so, gehört aber - zumindest was das Volksblatt und die FBP betrifft - schon lange der Vergangenheit an und das ist auch richtig so. Mit einer staatlich dominierten Presselandschaft und mit Gratisseiten für Parteien in den Zeitungen werden wir die Pressefreiheit und die Medien- und Meinungsvielfalt in unserem Land nicht stärken.

Ein inhaltlicher Schwerpunkt der Postulatsbegründung bilden die während den letzten Jahren gesprochenen Medienförderungsbeiträge. Hierbei präsentiert die Freie Liste einige Zahlen, mit welchen sie den Eindruck erweckt, als ob die Beiträge für die beiden Liechtensteiner Tageszeitungen in den letzten Jahren in der Summe massiv angehoben worden wären. Diesbezüglich gilt es einiges richtig zu stellen.

Vor 2007 gab es zusätzlich zur Medienförderung eine Leistungsvereinbarung, mit welcher beiden Tageszeitungen je 250’000 Franken zugesprochen wurde. Dazu kam der Medienförderungsbeitrag, den die Freie Liste als Grundlage für ihre Darstellung genommen hat. Die Leistungsvereinbarung wurde jedoch mit dem neuen Medienförderungsgesetz gestrichen, dafür wurde die Medienförderung erhöht. Was die Freie Liste ebenfalls komplett aussen vor lässt, sind die amtlichen Kundmachungen. Diesbezüglich ist der Rückgang markant.

Im Jahre 2006 erhielten die beiden Zeitungen durch Medienförderung inkl. Leistungsvereinbarung rund 600'000 Franken zugesprochen. Hinzu kamen Erträge aus der Publikation der amtlichen Kundmachungen in der Grössenordnung von rund 700’000 Franken. Dies bedeutet, dass sowohl das Volksblatt als auch Vaterland im Jahre 2006 rund 1,3 Mio. Franken von Seiten der öffentlichen Hand generierten. Anschliessend wurde die Leistungsvereinbarung aufgelöst und die Medienförderung erhöht, was dazu führte, dass im Jahr 2008 beide Zeitungen inkl. amtlicher Kundmachungen mit rund 1.5 Mio. Franken unterstützt wurden. Im Jahr 2017 betrug der Betrag aus Medienförderung und amtlicher Kundmachungen beim Volksblatt noch rund 800'000 Franken - also rund 700’000 Franken weniger als im Jahr 2008. Der Grund hierfür liegt im massiven Abbau an Veröffentlichungen von amtlichen Kundmachungen. Dieser Rückgang liegt zum grössten Teil in der Sanierung des Staatshaushaltes begründet und darf bei der Bewertung der Unterstützungsbeiträge nicht unerwähnt bleiben. Es ist also bei weitem nicht so - wie die Freie Liste zu suggerieren versucht - dass die beiden Liechtensteiner Tagezeitungen heute massiv mehr finanzielle Mittel erhalten. Das Gegenteil ist der Fall: Sie bekommen heute in der Summe weniger als vor 10 Jahren.

Ich kann die Forderungen der Freien Liste in Bezug auf die Neuausrichtung der Medienförderung sehr viel abgewinnen. Ich kann auch den Unmut der Freien Liste in Bezug auf die parteipolitische Ausrichtung der beiden Tageszeitungen grösstenteils nachvollziehen. Die Landeszeitungen sind aber weit mehr als Parteiblätter. Sie sind essentiell für unsere Demokratie, aber auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie sind identitätsstiftend. Sie berichten nicht nur über Politik, sondern auch über Sport, Kultur, Wirtschaft und über Gesellschaftsanlässe von Ruggell bis Balzers. Sie fungieren als Multiplikator der Medienmitteilungen der Regierung. Sie bieten eine Plattform für Leserbriefe und tragen damit zur Meinungsvielfalt bei und sie sind ein Eckpfeiler der Demokratie. Das alles darf bei dieser Diskussion nicht ausser Acht gelassen werden. Man sollte die Medien in unserem Land nicht nur unter der Prämisse betrachten, was sie an Medienförderung generieren und somit dem Staat kosten, sondern auch welche wichtigen Aufgaben sie in einer Demokratie mit direktdemokratischen Strukturen wahrnehmen. Es ist nicht alles schlecht was Vaterland und das Volksblatt machen.

Unterstützen kann ich die Freie Liste auch darin, dass die Medienförderung Medienvielfalt fördern soll. Ich geh auch mit der Freien Liste darin einig, dass die anderen Medien wie beispielsweise die Lie:Zeit oder 1 FL TV auch in Bezug auf die Medienförderung gestärkt werden müssen. Medienvielfalt darf nicht vor den Redaktionsstuben von Volksblatt und Vaterland Halt machen. Medienvielfalt ist ein hohes Gut, das gefördert gehört, unabhängig davon, ob es Tages-, Wochen- oder Monatszeitungen sind. Alle leisten ihren Beitrag an der Demokratie und der Meinungsvielfalt und sind identitätsstiftend.

Ein Ziel muss es auch sein, dass mit einer Neuausrichtung der Medienförderung vermehrt auch die Qualität der Medieninhalte gefördert wird. Die Unterstützung von Aus- und Weiterbildung ist genau so relevant wie Neutralität und Objektivität. Nur mit qualitativ gutem oder sehr gutem Recherchier-Journalismus kann die Kritik- und Kontrollfunktion der Medien auch mit Inhalten gefüllt werden. Dass unsere Zeitungen auch in Bezug auf Qualität Nachholbedarf haben, zeigte explizit der Kommentar des Vaterland-Redaktors Michael Winkler von letztem Samstag. Er schrieb in Bezug auf die FBP-Interpellation zum Medienstandort: 

So geschehen bei der Medienförderung, wo die Freie Liste ein Postulat ausarbeitete und die FBP ein paar Wochen später einen Fragenkatalog dazu per Interpellation einreichte.
Ein Blick auf den Stempel des Parlamentsdienstes hätte gereicht, um zu erkennen, dass die Interpellation der FBP nicht Wochen nach dem Postulat der Freien Liste eingereicht wurde, sondern beide am gleichen Tag. Zudem hätte ein Blick ins Landtagsprotokoll von letztem November genügt, um zu verstehen, weshalb wir uns heute mit der Medienpolitik befassen. Der Ursprung liegt nicht bei der Freien Liste, sondern bei der FBP. Es war der alleinige Entscheid der Fraktion der Freien Liste, nicht mit der FBP zusammen einen Vorstoss auszuarbeiten, obwohl der Abgeordnete Lageder dies im November im Rahmen der Budgetdebatte in Aussicht stellte. Das ist das gute Recht der Freien Liste, weshalb ich es auch nicht kritisiere, aber ich bedaure es, weil ich glaube, dass es der Sache dienlich gewesen wäre. 

Beide heute vorgestellten parlamentarischen Vorstösse - Interpellation wie Postulat - führen dazu, dass der Landtag vermutlich im Herbst eine ganzheitliche medienpolitische Grundsatzdiskussion führen kann, aus welcher dann konkrete Massnahmen resultieren sollten, wenn nicht sogar müssen. Diese medienpolitische Grundsatzdiskussion ist wichtig und dieser dürfen wir uns nicht verschliessen.

Und deshalb werde ich der Überweisung des Postulats zustimmen. Nicht wegen den Teilen des Auftrags und schon gar nicht wegen dem Begründungstext, sondern ausschliesslich um dem Landtag als auch der Bevölkerung die Möglichkeit einer gesamtheitlichen Mediendebatte zu geben, mit welcher die Grundlagen für eine Neuausrichtung der Medienförderung und der Entwicklung des Medienplatzes Liechtenstein geschaffen werden sollen. Dies ist meines Erachtens nur möglich, wenn auch das Postulat an die Regierung überwiesen wird.

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