Ein Programm mit Höhen und Tiefen
Votum anlässlich der Landtagsdebatte zum Regierungsprogramm 2017-2021«Die Sanierung des Staatshaushaltes ist abgeschlossen. Nun wollen wir einen massgeblichen Beitrag für die Weiterentwicklung von Staat und Gesellschaft, für die Lebensqualität der Menschen, die Gewährleistung der inneren Sicherheit und für ein starkes, selbstbewusstes Liechtenstein leisten. Es ist unser Ziel, die Zukunft unseres Landes aktiv zu gestalten.» Dieses Zitat aus dem Vorwort zum Regierungsprogramm 2017-2021 schraubte meine Erwartungen auf das, was mich auf den folgenden Seiten erwartet, in die Höhe. Ich erwartete ein Feuerwerk an Vorstellungen, Visionen, Ideen und Lösungsvorschläge für die wichtigsten Probleme unseres Landes. Leider wurden meine Erwartungen nur teilweise erfüllt, Licht und Schatten wechselten sich ab, wobei mir die Flughöhe des Programms generell zu hoch erscheint. In vielen Punkten hätte ich gerne konkretere Angaben vorgefunden und das Wort ‘prüfen’ lieber gar nicht gelesen.
In der Folge möchte ich auf drei Bereiche eingehen, welche mir im Positiven wie im Negativen besonders aufgefallen sind.
Überzeugt haben mich die Ausführungen zur Digitalen Agenda und zur Digitalisierung. Ich befürworte, dass dieser Bereich als zentrales Handlungsfeld der neuen Legislaturperiode betitelt wird und die Dienstleistungen der Verwaltung vermehrt elektronisch angeboten werden sollen, damit sie rund um die Uhr verfügbar sind. Damit einher geht auch ein rascher Ausbau der digitalen Infrastruktur. Ich bitte die Regierung, sich hierbei ein Beispiel an Estland zu nehmen. Kaum ein Land setzt so konsequent auf Digitalisierung wie Estland und es war auch kein Zufall, dass am EU-Gipfel von letzter Woche in Tallinn dieses Thema ein Schwerpunktthema war. Mit der elektronischen Bürgerkarte können die Bürgerinnen und Bürger von Estland praktisch alle Amtsgeschäfte elektronisch verrichten, was diesem Land mit Abstand eine Vorreiterrolle einbrachte und zur Nummer 1 unter den EU Staaten werden liess. Es ist auch kein Zufall, dass ein verhältnismässig kleines Land wie Estland diesen Weg eingeschlagen hat. Kleinstaaten haben diesbezüglich einen Vorteil und diesen sollten auch wir nutzen. Herr Regierungschef, ich bitte Sie diesbezüglich nicht mehr lange zu warten, sondern umgehend Massnahmen einzuleiten und dieses Projekt konsequent voranzutreiben und auch immer wieder einen Blick nach Estland zu werfen. Man muss das Rad nicht neu erfinden, man kann von positiven Entwicklungen und Erfahrungen anderer Staaten lernen und sie für uns zu eigen machen. Man gewinnt auch Zeit, wenn man meint, nicht alles selbst neu erfinden zu müssen.
Enttäuscht haben mich die Ausführungen zur Verkehrssituation im Liechtensteiner Unterland. Das einzige, was es darüber zu lesen gibt, ist die Massnahme, dass ein gemeinsames Verkehrsentwicklungskonzept mit den Gemeinden im Unterland und den angrenzenden Gemeinden im Oberland weitergeführt werde - also nichts Neues. Kein Wort zur S-Bahn, kein Wort zur geplanten Tunnelspinne in Feldkirch und den durch sie generierten Mehrverkehr, kein Wort zu einer etwaigen Autobahnverbindung nördlich von Feldkirch, kein Wort zu einer etwaigen Zentrumsentlastung Nendeln, kein Wort zum steigenden Verkehrsaufkommen beim Grenzübergang Ruggell. Themen, welche die Unterländer Bevölkerung interessieren und auch betreffen und die Regierung sieht sich nicht müssig, im Regierungsprogramm auch nur ein Wort darüber zu verlieren. Diese Nullaussagen wirken noch unverständlicher, wenn man sich den Vermerk zur Ausgangslage vor Augen führt, wo festgestellt wird, dass das Strassensystem Liechtensteins zunehmend an seine Kapazitätsgrenzen stosse. Und das Ganze wird dann noch mit so oberflächlichen Floskeln wie «Bauliche Massnahmen im Bereich der Strassen werden prioritär an den heute bekannten kritischen Stellen erfolgen» ergänzt. Welche Stellen sind das denn? Welche baulichen Massnahmen sind geplant? Beim Projekt ‘Strassenverbindung Vaduz-Triesen’ ging es ja auch konkreter, die soll realisiert werden - diesbezüglich konnten Sie Herr Regierungschef-Stellvertreter nicht konkret genug sein. Weshalb nicht bei anderen Projekten? Mir kommt dies alles sehr konzeptlos und ideenlos vor.
Ähnlich oberflächlich wird der Bereich Bürokratieabbau behandelt. Ein Thema, das vielen Wirtschaftstreibenden und auch Privaten schon lange unter den Nägeln brennt. Seit Jahren wird versprochen, den Bürokratieabbau voranzutreiben. Und was liest man hierzu im Regierungsprogramm? Floskeln oder Allgemeinplätze wie «Der Abbau von Regulierungen und Bürokratie erfolgt, wo dies möglich und sinnvoll ist» oder «Der Austausch zwischen der Regierung und der Wirtschaft wird gepflegt und der Handlungsbedarf hinsichtlich Regulierung und Bürokratieabbau wird regelmässig eruiert». Dass eine Aussage, wie «der Austausch zwischen der Regierung und der Wirtschaft wird gepflegt» überhaupt in einem Regierungsprogramm steht, spricht Bände. Das ist für mich eigentlich eine Selbstverständlichkeit und müsste nicht in einem Regierungsprogramm explizit erwähnt werden. Auch daran lässt sich die Flughöhe dieses Programms erkennen.
Man darf gespannt sein, wie die Regierung diese nichtssagenden Floskeln mit Inhalten füllen wird. Sowohl beim Bürokratieabbau wie auch bei der Verkehrssituation Unterland wird es nicht reichen, diese Themen einfach auszusitzen. Sollte erkennbar werden, dass die Regierung keine konkreten Vorschläge zur Diskussion stellen wird und keine nennenswerten Fortschritte bei diesen Themen vorzeigen kann, wird wohl der Landtag über seine parlamentarischen Mittel das Heft in die Hand nehmen und die Regierung mit der Ausarbeitung von konkreten Vorschlägen und Lösungen beauftragen müssen. Bei der Verkehrsproblematik Unterland tendieren meine Hoffnungen gegen Null, weshalb ich meinen Vorschlag von vorgestern, eine interfraktionelle Arbeitsgruppe zur Ausarbeitung eines Postulates zu diesem Thema einzusetzen, erneuere und auch bereit bin, aktiv mitzuarbeiten.
Link zu meinem Landtagsvotum
https://www.youtube.com/watch?v=h75Z66bBS-s
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen