Mittwoch, 4. Dezember 2019

Strassenverkehrsgesetz - Einführung Tempo 40 generell

Einführung von 'Tempo 40 generell' bedeutet mehr Pragmatismus und Sicherheit

Landtagsvotum zur Einführung von 'Tempo 40 generell' auf Liechtensteiner Strassen

Der Antrag des stellvertretenden Abgeordneten Rainer Beck wäre nicht notwendig gewesen, hätte die Regierung dem während der 1. Lesung von verschiedenen Abgeordneten geäusserten Wunsch Rechnung getragen, die Strassensignalisations- und die Verkehrsregelnverordnung abzuändern, damit die Signalisation ‘Tempo 40 generell’ rechtlich wieder zulässig wäre. Dies wäre auch nichts neues gewesen, gab es diese Möglichkeit doch bereits bis ins Jahr 2012. Vor rund sieben Jahren änderte die Regierung die Verordnungen derartig ab, dass die Signalisation ‘Tempo 40 generell’ rechtlich nicht mehr zulässig war. Dies mit der Begründung der Rechtsanbindung an die Schweizer Gesetzgebung. Diese Rechtsanbindung an die Schweiz, scheint mir mehr ein Scheinargument zu sein und nur gerade dort angewendet zu werden, wo es der Regierung zu pass kommt. Die abweichende Regelung in Bezug auf den Promillegrenzwert führt das Argument der Regierung betreffend Rechtsanbindung an die Schweiz eigentlich ad absurdum.

Diesbezüglich gilt es zu betonen, dass es bei diesem Antrag des stv. Abgeordneten Rainer Beck nicht darum geht, ob die Signalisation der Höchstgeschwindigkeit Tempo 40 in Liechtenstein erlaubt werden soll oder nicht. Tempo 40 ist in Liechtenstein auf Antrag erlaubt und - wie es die Regierung in der Beantwortung meiner Kleinen Anfrage von Dezember 2018 ausführt - es wird punktuell auf Gemeindestrassen auch signalisiert. In Triesen ist die Runkelstrasse und die Strasse Gässle, in Vaduz der Streckenabschnitt vor dem Schwimmbad Mühleholz und in Gamprin Abschnitte der Strasse Badäl mit der Höchstgeschwindigkeit Tempo 40 signalisiert. Auch Planken könnte Tempo 40 als Höchstgeschwindigkeit signalisieren, wie die Regierung in der Beantwortung der Kleinen Anfrage bestätigt. Sollte Planken dies wollen, müssten allerdings 36 Signalisationstafeln ‘Tempo 40’ aufgestellt werden. Es entstände ein Schilderwald.

Es geht bei diesem Antrag des stv. Abgeordneten Rainer Beck also nicht um die Einführung von Tempo 40. Es geht um zweierlei:

1.) Um die Art der Bewilligung zur Signalisation von Tempo 40. Sollen die Gemeinden weiterhin Bittsteller sein und ausschliesslich vom Goodwill des Amtes für Bau und Infrastruktur abhängig sein oder sollen sie zwar auf Antrag aber auch in Absprache und somit in Zusammenarbeit - also gemeinsam - festlegen können, wo Tempo 40 signalisiert wird?

2.) Soll die Möglichkeit eingeführt werden, dass ‘Tempo 40 generell’ signalisiert werden kann oder nicht; also ob mit einer Signalisationstafel - und nicht mit 36 wie es in Planken der Fall wäre - kenntlich gemacht werden darf, dass in einem Gebiet bzw. Quartier die Höchstgeschwindigkeit Tempo 40 gilt. Es geht also auch darum, ob man bei Tempo 40 jene Signalisationsart umsetzen kann, welche es bei Tempo 50 bereits gibt und bei Tempo 30 ähnlich zur Anwendung kommt.

Es geht also um Pragmatismus und auch um die Verhinderung eines Schilderwaldes. Es ist schon interessant festzustellen, dass die Regierung in ihrem Bericht zum Beitritt zu diversen Strassenverkehrsabkommen, welchen wir unter Traktandum 21 in Behandlung ziehen werden, unter anderem ein Vorteil in Bezug auf das Genfer Abkommen darin sieht, dass ein Schilderwald verhindert wird. Auf Seite 26 des Berichtes zu den Strassenverkehrsabkommen kann nachgelesen werden: «Die Zahl der anerkannten Zeichen ist auf das Nötigste zu beschränken und sie sind nur dort anzubringen, wo sie unentbehrlich sind.» Nichts anderes bezweckt der stv. Abgeordnete Rainer Beck mit seinem Antrag.

Positiv finde ich, dass der stv. Abgeordnete Rainer Beck seinen Antrag so formuliert hat, dass er nicht einer Ausnahmebewilligung für die Gemeinde Planken gleichkommt, sondern für alle Gemeinden des Landes Gültigkeit bekommt. Damit wird nicht nur verschiedenen Voten der 1. Lesung Rechnung getragen, sondern auch der Wunsch der Gemeinden berücksichtigt. Somit handelt es sich beim heutigen Antrag nicht um ein ‘Lex Planken’, sondern in etwa um die Rückkehr zur Bestimmung, wie sie bis ins Jahr 2012 galt. Der Unterschied ist nur, dass nun ins Gesetz geschrieben werden soll, was bis 2012 auf Verordnungsstufe geregelt war. Da die Regierung es ablehnt, die Verordnung dementsprechend anzupassen, bleibt nichts anderes übrig, als die Gesetzesbestimmung zu ändern.

Mit diesem Antrag wird keine Gemeinde gezwungen, ihre signalisierte Höchstgeschwindigkeit auf den Gemeindestrassen abzuändern. Die Festsetzung der Höchstgeschwindigkeit auf den Gemeindestrassen erfolgt auf Antrag und in Absprache, also in Zusammenarbeit. So wie es sich gehört und wie es sein sollte. Die Gemeinden, welche punktuell Tempo 40 signalisieren möchten, sollen nicht mehr Bittsteller sein und auf den Goodwill des Amtes für Bau und Infrastruktur angewiesen sein, sondern in partnerschaftlicher Art und Weise die gewünschte Tempo 40 Signalisation umsetzen können.

Die Regierung begründet ihre ablehnende Haltung zur Abänderung der Verordnungen mit Sicherheitsaspekten und, dass Tempo 30 diesbezüglich höhere Sicherheit gewähre als Tempo 40. Das mag im Vergleich zu Tempo 50 stimmen. Doch fakt ist auch, dass Tempo 30 in der Bevölkerung nicht akzeptiert ist. Dies haben auch schon Volksabstimmungen zu Tage gebracht. Beispielsweise in Ruggell: 64.2 Prozent für Beibehaltung von Tempo 50 auf Quartierstrassen. Beispielsweise in Schellenberg: 73 Prozent gegen Tempo 30 auf Quartierstrassen. Gemeinderäte sehen dieses Akzeptanzproblem und haben dementsprechend ablehnende Beschlüsse gefällt. Beispielsweise der Gemeinderat von Triesen, er lehnte flächendeckende Tempo-30-Zonen ab; beispielsweise jener von Schaan, der Tempo 30 auf Gemeindestrassen verwarf.

Im Rahmen der Vernehmlassung haben sich die Gemeinden für eine Kompromisslösung Tempo 40 ausgesprochen. Gemeindevorsteherin Maria Kaiser-Eberle aus Ruggell fasst es in der Stellungnahme zur Vernehmlassung ihrer Gemeinde fundiert zusammen. Sie schrieb: 
«Der Wunsch der Bevölkerung nach geringeren Tempi als 50 ist allenorts zu hören. Diese Anliegen werden in erster Linie an die Gemeinden herangetragen und im Gemeinderat erörtert. Tempo 30 als Alternative zu Tempo 50 stösst jedoch nicht auf die notwendige Akzeptanz. Hier ist ein Mittelweg zu finden, für welchen sich Tempo 40 geradezu anbietet:
  • Tempo 40 wird akzeptiert. Es ist ein geeigneter Mittelweg zwischen dem zu hohen Tempo 50 und dem als zu tief empfundenen Tempo 30.
  • Tempo 40 senkt das Unfallrisiko
  • Tempo 40 senkt die Verletzungsgefahr bei dennoch passierenden Unfällen sowie die Schwere der dabei entstehenden Verletzungen.
Aus partnerschaftlicher Sicht sollten künftig die Gemeinden als Hauptbetroffene nicht mehr Antragsteller, was oft mit Bittsteller gleichgesetzt wird, sein. Die Gemeinden und die Regierung, in deren Vertretung das Amt für Bau und Infrastruktur, sollen gemeinsam die Tempi auf den Gemeindestrassen festlegen, egal ob Tempo 30, 40 oder 50. Die Gemeinden, welche sich für die Sicherheit ihrer Einwohner und die Wohnlichkeit der Quartiere einsetzen, sollen als gleichberechtigte Partner fungieren», so die Gemeindevorsteherin von Ruggell.
Wenn schon dem Sicherheitsaspekt grosse Bedeutung bei dieser Frage zuerkannt werden soll - was zweifelsohne auch richtig ist - dann sollte man doch auch die aktuellen Gegebenheiten in Betracht ziehen. Und diese sagen nun Mal, dass Tempo 30 in der Bevölkerung nicht akzeptiert wird und in Bezug auf die Sicherheit Tempo 40 gegenüber Tempo 50 einige Vorteile zuerkannt werden. Der Mittelweg ist kein «fauler Kompromiss», wie es die Regierung auf Seite 9 ihres Berichtes schreibt, sondern es ist ein sinnvoller Kompromiss im Sinne der Akzeptanz in der Bevölkerung aber auch im Sinne einer erhöhten Sicherheit.

Die Vorteile dieses Antrags überwiegen. Es gibt keinen Grund, eine Tempo-30-Zone, welche mit Ausnahme von optischen Anpassungen in etwa einer Signalisation ‘Tempo 30 generell’ gleichgesetzt werden kann, und eine ‘Tempo 50 generell’-Signalisation zuzulassen, aber eine ‘Tempo 40 generell’-Signalisation zu verbieten. Wenn Tempo 40 schon erlaubt ist, dann soll es auch ‘Tempo 40 generell’ geben, wie es bei anderen Höchstgeschwindigkeiten bereits praktiziert wird.

Deshalb werde ich dem Antrag des stv. Abgeordneten Rainer Beck zustimmen. Da die Regierung eine Abänderung der Verordnung ablehnt, bleibt nichts anderes übrig, als über das Gesetz dem Wunsch der Bevölkerung und der Gemeinden Rechnung zu tragen und Pragmatismus walten lassen.

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