Service-Public-Auftrag der Post stärken
Landtagsvotum zur Petition 'Zum Erhalt der Poststelle Triesen in ihrer bewährten Form'Ich kann es vorwegnehmen: Ich werde die ‘Petition zum Erhalt der Poststelle Triesen in ihrer bewährten Form’ zur geeigneten Verfügung an die Regierung überweisen. Nicht, weil ich mit allen Forderungen der Petitionäre einher gehe, sondern weil damit ein grundlegendes Problem angesprochen wird, welches auch schon bei anderen öffentlich-rechtlichen Unternehmen zu Sprache kam: Wirtschaftlichkeit vs. Service Public.
Die Petition besteht aus drei verschiedenen Forderungen. Die erste Forderung, dass die Poststelle Triesen am bestehenden Standort erhalten bleiben soll, kann ich nicht mittragen. Wo die Poststelle in Triesen angesiedelt sein soll, ist ein betriebswirtschaftlicher bzw. operativer Entscheid des Verwaltungsrates bzw. der Geschäftsleitung der Liechtensteinischen Post AG. Diesbezüglich sehe ich auch den Einflussbereich der Regierung bzw. des zuständigen Ministeriums als sehr gering an. Die Regierung kann einen Wunsch äussern, es liegt dann aber in der Kompetenz des Verwaltungsrates, ob sie dem Wunsch Rechnung trägt oder nicht. Die Regierung ist der falsche Adressat für Forderung Nummer 1.
Denn, solange ein solcher Entscheid zur Verlegung einer Poststelle nicht im Widerspruch zur Beteiligungsstrategie steht, ist er von der Regierung zu akzeptieren. Art. 17 des Postorganisationsgesetzes als auch Art. 16 des Gesetzes zur Steuerung und Überwachung öffentlicher Unternehmen lassen keinen Spielraum in Bezug auf die Einflussmöglichkeiten der Regierung zu. Die Regierung hat keinen Einfluss darauf, wo die Poststelle Triesen angesiedelt sein soll. Deshalb versteht sich von selbst, dass auch dem Landtag keine direkte Entscheidungskompetenz hierzu zukommt.
Differenzierter betrachtet werden müssen aber die Punkte zwei und drei der Petition. Die Forderungen, dass sämtliche postalischen Dienstleistungen mit der aktuell hohen Servicequalität weiterhin angeboten werden sollen und die Post Triesen auch in Zukunft vom Fachpersonal betreut werden soll, stossen auf mein Verständnis. Bei diesen Forderungen sehe ich auch Möglichkeiten, dass die Regierung darauf einwirken kann.
Herr Regierungschef-Stellvertreter, ich kann Ihre Feststellung in Ihrem Schreiben an die Petitionäre vom 8. Januar 2021, dass die Regierung von Gesetzes wegen weder eine Pflicht noch eine Möglichkeit habe, auf diesen Entscheid Einfluss zu nehmen, nicht teilen. Die Regierung hat die Möglichkeit, die Beteiligungsstrategie dementsprechend abzuändern und der Liechtensteinischen Post AG damit vorzugeben, dass sie den Forderungen zwei und drei der Petitionäre nachkommen muss. Es liegt in Ihrer Kompetenz, der Regierung eine solche Abänderung der Beteiligungsstrategie vorzuschlagen und falls diese auf Zustimmung stossen sollte, in der Folge dem Landtag zur Kenntnis zu bringen. Es stimmt nicht, dass sie keine Möglichkeiten hätten, formell haben Sie sie - entgegen dem Wortlaut in Ihrem Schreiben.
Und genau darin, in einer Abänderung der Beteiligungsstrategie, liegt meine Hoffnung, wenn die Petition zur geeigneten Verfügung an die Regierung überweisen wird. Im heutigen Wortlaut der Beteiligungsstrategie lassen einige Formulierungen zu viel Interpretationsspielraum und es kommt mir der Service Public zu kurz.
2 Beispiele:
Beispiel 1: Die Post AG sei verpflichtet, die postalische Grundversorgung flächendeckend als Universaldienst im Land Liechtenstein in hoher Qualität sicherzustellen. Was heisst das konkret? Was bedeutet ‘flächendeckend’ in Bezug auf das Poststellennetz?
Beispiel 2: Die Regierung erwarte, die die Post AG als selbstständiges Unternehmen wettbewerbsfähig, betriebswirtschaftlich und kundenorientiert geführt werde. Was ist, wenn sich kundenorientiert und betriebswirtschaftlich widersprechen?
In Bezug auf das Poststellennetz steht in der Beteiligungsstrategie, dass die Post ein kundengerechtes Filialnetz zu betreiben habe, welches aus Poststellen, Agenturen und/oder technischen Anlagen bestehen kann und genügend Zugangspunkte aufweisen müsse.
Das Vorhaben der Post AG bezüglich der Poststelle Triesen widerspricht dieser Vorgabe der Beteiligungsstrategie nicht. Hinterfragt werden kann jedoch, ob die Vorgabe zu den wirtschaftlichen Zielen der Beteiligungsstrategie, dass die Post ihre Leistungen auf die Bedürfnisse der Kunden auszurichten habe, dem Vorhaben in Triesen entgegensteht. Fakt ist, dass zumindest die Kunden nicht das Gefühl zu haben scheinen, dass bei einer Verlegung der Poststelle die Leistungen auf ihre Bedürfnisse ausgerichtet werden, sonst hätten nicht über 1800 Personen diese Petition unterschrieben.
Dies umso mehr, als es mit dem Wechsel der Filiale zu einem punktuellen Dienstleistungsabbau kommen soll. Dieser wird wahrgenommen, da die Poststelle nicht mehr mit ausgebildeten Fachpersonal der Post AG, sondern durch Migros Mitarbeiter geführt werden soll. Ich kann nicht nachvollziehen, dass die Liechtensteinische Post AG nicht das Modell Balzers oder Ruggell für die Poststelle in Triesen wählte, wo die Poststelle ebenfalls in ein Einkaufszentrum eingegliedert wurde, sie aber von eigenem Postpersonal ohne Service- und Dienstleistungsabbau betrieben wird. Ich hätte von der Post erwartet, dass sie den Petitionären so weit entgegenkommt, um das Modell Balzers oder Ruggell in Triesen zu installieren. Leider tat sie das nicht. Diese Verweigerung stösst auf grosses Unverständnis und war mit ein Grund dieser Petition.
Deshalb bin ich schon der Meinung, dass die Beteiligungsstrategie dementsprechend angepasst werden muss, um dem Service Public der Post AG mehr Gewicht zu verleihen bzw. die Post diesbezüglich in die Verantwortung zu nehmen. Ein Petitionär macht in einem Brief den Vorschlag, dass der Passus ‘Für Gemeinden mit über 4000 Einwohnern ist aber auf jeden Fall eine vollumfängliche Poststelle zu betreiben’ in die Beteiligungsstrategie aufgenommen werden solle. Diesen Vorschlag unterstützte ich. Er würde der Post AG bei den kleineren Gemeinden oder Ortschaften die notwendige betriebswirtschaftliche Flexibilität lassen und dem Service Public Rechnung tragen, indem in den sechs grossen Gemeinden eine vollumfängliche Poststelle betrieben wird. Dieser Vorschlag erachte ich auch deshalb positiv, da er keine Standortvorgabe macht und auch Modelle wie in Ruggell oder Balzers zulässt.
Ich bin der Ansicht, dass es der Regierung gut anstehen würde, die Beteiligungsstrategie von sich aus dementsprechend anzupassen. Sollten Sie, Herr Regierungschef-Stellvertreter, oder ihr Nachfolger in diesem Ministerium einer solchen Stärkung des Service Public ablehnend gegenüberstehen, könnte auch der Landtag von sich aus aktiv werden. Art. 16 Abs. 2b und 2c ÖUSG geben dem Landtag die Möglichkeit, die Regierung mit konkreten Abänderungen zu beauftragen, an welche die Regierung gemäss Abs. 2c auch gebunden ist.
Für mich wäre ein solches Vorgehen unterstützungswürdig, sollte die Regierung nicht von sich aus dementsprechend aktiv werden. Die Post ist ein öffentlich-rechtliches Unternehmen, gehört zu 75 Prozent den Liechtensteinerinnen und Liechtensteinern und hat deshalb auch die Verantwortung, den Service Public hoch zu halten. Und dieser Service Public darf auch etwas kosten und muss nicht in allen Fällen betriebswirtschaftlichen Grundsätzen folgen. Damit wäre die Post AG in guter Gesellschaft. Ich verweise nur auf die LKW, bei welchen die Sparte ‘Elektrofachhandel’ jährlich ein Defizit im sechsstelligen Bereich aufweist. Auch dies ein Service Public Angebot, welches nicht nur nach betriebswirtschaftlichen Kriterien betrieben wird.
Die vom Petitionär vorgeschlagene Lösung einer vollumfänglichen Poststelle für die Gemeinden ab 4'000 Einwohner ist sicherlich eine grosszügige Variante. In der Schweiz empfahl 2018 die vom Bundesrat eingesetzte Arbeitsgruppe zur Ausgestaltung der Erreichbarkeit von postalischen Zugangspunkten, dass künftig 90 % der ständigen Wohnbevölkerung innerhalb von 20 Minuten zu Fuss oder mit dem öffentlichen Verkehr Zugang zu einer Poststelle oder Agentur haben bzw. innerhalb von 20 Minuten eine Barzahlungsdienstleistung tätigen können.
Hierbei wurden die Kantone als Erreichbarkeitsvorgaben herangezogen, da sie bei der Regionalisierung der Erreichbarkeitskriterien eine geeignete Bezugsgrösse darstellen würden und auch ein geeigneter Unterschied zwischen städtischen und ländlichen Räumen Rechnung getragen werden kann. Die Arbeitsgruppe schlug in Bezug auf den Zahlungsverkehr eine Verschärfung vor, indem sie die Zeitvorgabe von 30 auf 20 Minuten reduzierte. Die Vorschläge dieser Arbeitsgruppe hatten zur Folge, dass daraus ein dichteres Netz an Zugangspunkten resultierte.
Wenn man die Vorgabe von 20 Minuten Fussmarsch zur nächsten Poststelle heranzieht, ist der Vorschlag des Petitionärs zwar grosszügig, aber nicht aus der Luft gegriffen, sondern kann als Vorgabe betrachtet werden, welche es Wert ist, umgesetzt zu werden, um einen einwohnerfreundlichen Service Public zu installieren.
Abschliessend noch eine Bemerkung zur Aussage, dass der ‘drive-through-Briefkasten’ am bestehenden Standort erhalten bleibe, wie Sie Herr Regierungschef-Stellvertreter im Schreiben an die Abgeordneten ausführen. Ich frage mich schon, wie eine solche Aussage so zeitlos getätigt werden kann. Was geschieht denn mit diesem Gebäude nach dem Auszug der Post AG? Da es im Besitz des Landes ist, wird es wohl zu einer Umnutzung kommen, welche nicht ohne Investitionen in Millionenhöhe möglich sein wird. Somit wird der Entscheid der Post AG, dieses Gebäude zu verlassen, etliche Folgekosten für den Steuerzahler nach sich ziehen. Je nachdem wird dann dieser ‘drive-through-Briefkasten’ entfernt und somit das Versprechen an die Petitionäre gebrochen werden müssen. Diesbezüglich wird den Petitionären kein reiner Wein eingeschenkt.