Freitag, 2. November 2018

UNO-Migrationspakt

Landtag muss das letzte Wort haben


Anfangs Dezember soll in Marrakesch der globale UNO-Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration (UNO-Migrationspakt) unterzeichnet werden. Auch wenn dieser Pakt rechtlich nicht bindend ist, kommt er doch einer Absichtserklärung gleich. Somit wird ihm der Status eines 'soft law' (weiche Verpflichtung) attestiert, die zwar nicht eingeklagt aber dennoch politische und moralische Wirkungen entfalten kann. So könnten sich andere Staaten oder betroffene Personen in politischen und medialen Prozessen darauf berufen und so könne sich politischer Druck aufbauen und Staaten an den Pranger gestellt werden, wie der Rechtswissenschaftlicher Christoph Vedder von der Universität Augsburg gegenüber tagesschau.de betonte. 

Der UNO-Migrationspakt definiert auf 32 Seiten 23 Ziele, mit welchen sämtliche Dimensionen der weltweiten Migration behandelt werden. Er soll eine Art Anerkennung der UN-Mitglieder sein, dass globale Migration stattfindet. Der Pakt will die internationale Zusammenarbeit fördern, Fluchtursachen bekämpfen und Migration ordnen und regeln. Vieles, was darin aufgeführt ist, ist selbstverständlich und unbestritten. Darüber hinaus wird explizit erwähnt, dass der Pakt rechtlich nicht bindend sei. So kann unter anderem in Punkt 7 des Migrationspaktes nachgelesen werden: 
"Dieser Globale Pakt stellt einen rechtlich nicht bindenden Kooperationsrahmen dar, der auf den Verpflichtungen aufbaut, auf die sich die Mitgliedstaaten in der New Yorker Erklärung für Flüchtlinge und Migranten geeinigt haben. In der Erkenntnis, dass die Migrationsproblematik von keinem Staat allein bewältigt werden kann, fördert er die internationale Zusammenarbeit zwischen allen relevanten Akteuren im Bereich der Migration und wahrt die Souveränität der Staaten und ihre völkerrechtlichen Pflichten."
Und in Punkt 15c wird unter dem Stichwort 'Nationale Souveränität' ausgeführt: 
"Der Globale Pakt bekräftigt das souveräne Recht der Staaten, ihre nationale Migrationspolitik selbst zu bestimmen, sowie ihr Vorrecht, die Migration innerhalb ihres Hoheitsbereichs in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht selbst zu regeln. Innerhalb ihres Hoheitsbereichs dürfen die Staaten zwischen regulärem und irregulärem Migrationsstatus unterscheiden, einschliesslich bei der Festlegung ihrer gesetzgeberischen und politischen Massnahmen zur Umsetzung des Globalen Paktes, unter Berücksichtigung der verschiedenen nationalen Realitäten, Politiken, Prioritäten und Bestimmungen für Einreise, Aufenthalt und Arbeit und im Einklang mit dem Völkerrecht;"
Trotzdem haben nun schon verschiedene Staaten kundgetan, diesen Pakt nicht zu unterschreiben. Zu diesen gehören unter anderem die USA, Österreich und Australien. Diese Ablehnung betrifft einige Punkte, welche höchste politische Brisanz haben und kritisiert werden.

Zu diesen gehört beispielsweise der Punkt 41. Darin kann nachgelesen werden: 
"Wir verpflichten uns, die im Globalen Pakt niedergelegten Ziele und Verpflichtungen im Einklang mit unserer Vision und unseren Leitprinzipien zu erfüllen und zu diesem Zweck auf allen Ebenen wirksame Massnahmen zu ergreifen, um eine in allen Phasen sichere, geordnete und reguläre Migration zu ermöglichen. Wir werden den Globalen Pakt in unseren eigenen Ländern und auf regionaler und globaler Ebene unter Berücksichtigung der unterschiedlichennationalen Realitäten, Kapazitäten und Entwicklungsstufen und unter Beachtung der nationalen Politiken und Prioritäten umsetzen. Wir bekräftigen unser Bekenntnis zum Völkerrecht und betonen, dass der Globale Pakt in einer Weise umgesetzt werden muss, die mit unseren Rechten und Pflichten nach dem Völkerrecht im Einklang steht."
Diese Bestimmung geht über eine Absichtserklärung hinaus. Sie verpflichtet die unterzeichnenden Staaten, die Ziele und Verpflichtungen des Paktes zu erfüllen. Auch wenn die nationale Souveränität gewahrt bleiben soll und explizit erwähnt wird, dass es keine rechtliche Bindung gibt, erweitert dieser Punkt 41 durch die namentlich genannte Verpflichtung den Wirkungskreis des Migrationspaktes. 

Auf grosse Ablehnung stösst auch Punkt 21i. Mit diesem wird der Familiennachzug, der erweitert werden soll, geregelt, womit Auswirkungen auf Liechtenstein einher gehen. Es kann nachgelesen werden.
"Wir werden für Migranten auf allen Qualifikationsniveaus den Zugang zu Verfahren der Familienzusammenführung durch geeignete Massnahmen erleichtern, die die Verwirklichung des Rechts auf ein Familienleben und das Wohl des Kindes fördern, einschliesslich durch Überprüfung und Neufassung geltender Vorschriften, beispielsweise in Bezug auf Einkommen, Sprachkenntnisse, Aufenthaltsdauer, Arbeitsgenehmigung und Zugang zu sozialer Sicherheit und sozialen Diensten;"
Kritisch betrachtet wird auch Punkt 21b. Dieser regelt die Mobiliät der Arbeitskräfte, welche durch Freizügigkeitsregelungen und Visaliberalisierungen erleichtert werden soll. Dies wäre nicht ohne Auswirkung auf Liechtenstein, kennen wir doch die volle Freizügigkeit einzig für Arbeitskräfte aus der EU und der Schweiz. Hierzu steht geschrieben:
"Wir werden durch internationale und bilaterale Kooperationsvereinbarungen, wie beispielsweise Freizügigkeitsregelungen, Visaliberalisierung oder Visa für mehrere Länder, und durch Kooperationsrahmen für Arbeitskräftemobilität die regionale und regionenübergreifende Arbeitskräftemobilität erleichtern, im Einklang mit den nationalen Prioritäten, den Bedürfnissen des örtlichen Marktes und dem Qualifikationsangebot;"
Sehr kritisch zu sehen ist auch Punkt 31e des Paktes. Mit diesem wird verlangt, das nationale Gesundheitswesen den Bedürfnissen von Migranten anzupassen und die Kapazitäten der Leistungserbringer zu verstärken sowie ein bezahlbarer und nichtdiskriminierender Zugang zur Gesundheitsversorgung zu fördern. Es dürfte unbestritten sein, dass dies nicht ohne Erhöhung der Gesundheitskosten und somit vermutlich höheren Krankenkassenprämien vonstatten gehen wird. Wörtlich steht geschrieben:
"Wir werden den gesundheitlichen Bedürfnissen von Migranten im Rahmen der nationalen und lokalen Gesundheitspolitik und -planung Rechnung tragen, indem beispielsweise die Kapazitäten für die Leistungserbringung verstärkt werden, ein bezahlbarer und nichtdiskriminierender Zugang gefördert wird, Kommunikationshindernisse abgebaut werden und die Leistungserbringer im Gesundheitswesen in kultureller Sensibilität geschult werden, um die körperliche und geistig-seelische Gesundheit von Migranten und Gemeinschaften allgemein zu fördern,"
Ein Angriff auf die Medienfreiheit sehen viele Kritiker in Punkt 33c. Medien, welche nicht wohlwollend über Migration berichten, sollen von der Medienförderung ausgeschlossen werden. Es kann nachgelesen werden:
"Wir werden unter voller Achtung der Medienfreiheit eine unabhängige, objektive und hochwertige Berichterstattung durch die Medien, einschliesslich Informationen im Internet, fördern, unter anderem durch Sensibilisierung und Aufklärung von Medienschaffenden hinsichtlich Migrationsfragen und -begriffen, durch Investitionen in ethische Standards der Berichterstattung und Werbung und durch Einstellung der öffentlichen Finanzierung oder materiellen Unterstützung von Medien, die systematisch Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und andere Formen der Diskriminierung gegenüber Migranten fördern;"
Das heisst nichts anderes, als dass systematische Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und andere Formen der Diskriminierung mit Entzug der Medienförderung gebüsst werden soll. Die Aargauer Zeitung fragt zu Recht: "Doch wer entscheidet, was rassistisch oder intolerant genau bedeutet? Ist es schon rassistisch, wenn ein Medium die Herkunft eines Straftäters nennt?"

Verschiedene weitere Punkte veranlassen Staaten, diesen Pakt nicht zu unterzeichnen. Hierzu gehören unter anderem für Österreich beispielsweise die Schaffung einer Übertragung von Ansprüchen in die Sozialversicherung, die Anerkennung von formal nicht erworbenen Qualifikationen, die Ansiedlungsoptionen für Klimaflüchtlinge, die Verhinderung von Täterprofilerstellungen aufgrund der Rasse, Ethnie oder Religion und die Verhinderung von Internierungen und das Verbot von Sammelabschiebungen.

All dies zeigt, dass der UNO-Migrationspakt - obwohl er nicht rechtlich bindend ist - auch für unser Land umfangreiche Auswirkungen haben wird. Zu umfangreiche, dass er einfach von der zuständigen Innenministerin Dominique Hasler im Rahmen einer Feierstunde in Marrakesch unterzeichnet wird. Die Regierung und hierbei im besonderen die zuständige Innenministerin Dominique Hasler muss transparent über die Auswirkungen dieses UNO-Migrationspaktes auf unser Land Auskunft erteilen. Deshalb ist es für mich angezeigt, dass dieser globale Migrationspakt dem Landtag zur Beschlussfassung vorgelegt wird. Damit wäre sichergestellt,

a.) dass eine öffentliche Diskussion stattfinden kann und

b.) dass die demokratische Verankerung des UNO-Migrationspaktes in Liechtenstein gewährleistet ist.  

Link zum Wortlaut des UNO-Migrationspakts: http://www.un.org/depts/german/migration/A.CONF.231.3.pdf

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