Gleichlange Spiesse auf gutem Weg - aber es ist nicht alles Gold was glänzt
Votum anlässlich der Landtagsdebatte zum Entsendegesetz bzw. zur Herstellung der gleichlangen Spiesse bei der grenzüberschreitenden DienstleistungserbringungMit der Vorlage zur Abänderung des Entsendegesetzes wird eine lang gehegte Forderung der Wirtschaftskammer Liechtenstein umgesetzt. Anlässlich der Delegiertenversammlung 2006 der Wirtschaftskammer Liechtenstein betonte der damalige Präsident Arnold Matt in seiner Ansprache:
«Wir fordern von der Politik Regelungen, welche gewährleisten, dass das Liechtensteiner Gewerbe unter den gleichen Voraussetzungen im angrenzenden Ausland ihrer Arbeit nachgehen kann, wie die ausländischen Betriebe bei uns.»Das war 2006, heute haben wir 2017 und dürfen nun mit der Abänderung des Entsendegesetztes über eine Vorlage beraten, welche weite Teile dieser Forderung des Wirtschaftskammer-Präsidenten aufnimmt und umsetzt.
11 Jahre oder vier verschiedene Wirtschaftsminister mussten ins Land ziehen, bis sich die Regierung zum Handeln gezwungen sah. Ich getraue mich zu behaupten, dass wir heute nicht über diese Vorlage debattieren würden, hätten im April letzten Jahres die Gewerbetreibenden nicht auf dem Peter-Kaiser-Platz demonstriert und hätten nicht mehrere 100 Gewerbebetriebe über Inserate in den Landeszeitungen gleichlange Spiesse bei der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung gefordert. Und da ich beruflich selbst dem Gewerbe angehöre, ist es mir ein Anliegen, den Vertretern der Arbeitsgruppe ‘Gleichlange Spiesse’ der Wirtschaftskammer für ihr Engagement und ihren Einsatz für das Gewerbe und den Wirtschaftsplatz Liechtenstein zu danken. Ihnen ist es in erster Linie zu verdanken, dass die Regierung nach 10 Jahren Wartezeit sich gezwungen sah, Massnahmen zur Erreichung von gleichlangen Spiessen bei der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung umzusetzen und nun mit der Abänderung des Entsendegesetzes der letzte Schritt in diese Richtung getan werden soll.
Einzig bei der Kautionspflicht werden unsere Unternehmen auch mit dieser Vorlage in Zukunft gegenüber der Schweizer Konkurrenz weiterhin einen Nachteil haben, da die Schweiz eine solche Kautionspflicht kennt, Liechtenstein jedoch nicht. Die Einführung der Kautionspflicht ist jedoch nicht Sache des Gesetzgebers, sondern der Sozialpartner. Sie müssen entscheiden, ob sie eine Kautionspflicht einführen wollen oder nicht, weshalb die Kautionspflicht nicht Gegenstand dieser Vorlage ist.
Alle anderen Nachteile wurden bzw. werden mit den bereits umgesetzten Massnahmen der Regierung hinsichtlich der Verständigung zur Gleichbehandlung auf möglichst liberaler Basis mit der Schweiz und besonders mit den Kantonen St. Gallen und Graubünden, mit der Einführung des elektronischen Meldesystems und nun mit dieser Abänderung des Entsendegesetzes ausgemerzt. Während für die grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung bis 8 Tage bisher keine Nachteile erwuchsen, gab es einige Nachteile bei der Dienstleistungserbringung zwischen 9 und 90 Tagen sowie besonders bei jener über 90 Tage. Diese Nachteile werden mit dieser Vorlage eliminiert, weshalb ich die Vorlage befürworte.
Mit dieser Vorlage soll die Sanktionskompetenz dem Amt für Volkswirtschaft übertragen werden. Ich begrüsse diese Verlagerung, auch wenn ich einige Argumente der Staatsanwaltschaft, welche sie im Rahmen der Vernehmlassung ausführte, nachvollziehen kann. Der zeitliche Gewinn, welcher durch das neue Sanktionsinstrument des Verwaltungsstrafbots erreicht werden kann, erscheint mir gewichtiger zu sein, als der Auslandsbezug, den die Staatsanwaltschaft erwähnt. Die Regierung führt aber auch aus, dass die heute vorhandenen Personalressourcen beim Amt für Volkswirtschaft für einen effektiven Vollzug - im Gegensatz zum Landgericht - nicht ausreichend sein werden. Die Verlagerung der Sanktionskompetenz zum Amt für Volkswirtschaft führt dort zu zusätzlichen Arbeiten. Die Regierung geht davon aus, dass 150 Stellenprozente aufgebaut werden müssen, deren Kosten jedoch zum Teil durch Einnahmen amortisiert werden. Wenn wir auch in Bezug auf das Kontrollsystem gleichlange Spiesse wollen, dann müssen wir sicherstellen, dass ein striktes Kontrollsystem zur Anwendung gelangt, wie es die Schweiz bereits kennt. Für mich gehört der zeitliche Aspekt zum strikten Kontrollsystem dazu. Aus diesem Grunde kann ich sowohl die Übertragung der Sanktionskompetenz zum Amt für Volkswirtschaft als auch die Personalaufstockung um 150 Stellenprozente nachvollziehen und gutheissen.
Wer nun meint, dass mit der Herstellung von gleichlangen Spiessen alles Gold sei was glänze, der irrt. Die Herstellung dieser gleichlangen Spiesse ist nämlich grösstenteils in die falsche Richtung aufgegleist worden. Es fand keine Liberalisierung statt, sondern der Protektionismus und die Bürokratie wurden bzw. werden aufgebaut. Deshalb kann ich die Stellungnahme zur Vernehmlassung der Industrie und Handelskammer (LIHK) nachvollziehen, welche zwar Verständnis für die Forderung der Wirtschaftskammer und die Herstellung von gleichlangen Spiessen hat, aber auch den Bürokratieaufbau, welcher mit dieser Vorlage einhergeht, kritisiert. Die LIHK würde sich im Sinne einer liberalen Wirtschaftsordnung dagegen wünschen, dass Hürden auf Liechtensteiner und Schweizer Seite nicht auf- sondern abgebaut würden. Diesem Wunsch kann ich mich voll und ganz anschliessen. Das ist jedoch kein Versäumnis unserer Regierung, sondern der Schweiz, welche nicht bereit war und ist, die Schranken bei der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung zu lockern oder ganz zu beseitigen. Deshalb mussten wir unsere Vorschriften auf jene der Schweiz verschärfen. Lieber wäre auch mir gewesen, die Schweiz hätte die Regelungen auf unsere liberaleren Vorschriften angepasst, dies stiess in der Schweiz leider nicht auf Zustimmung. Dass Vertreter der Wirtschaftsverbände im Rheintal unser Vorgehen kritisieren, kann ich nachvollziehen. Sie sollen jedoch ihre Kritik nicht an uns richten, sondern an ihre politischen Behörden, welche einer Liberalisierung bisher entgegenstanden. Arnold Matt, der vor kurzem zurückgetretene Präsident der Wirtschaftskammer, brachte es im Volksblatt vom 17. Februar 2017 auf den Punkt. Er sagte:
«Nun sehen die Schweizer ganz konkret, welchen Hürden wir in den vergangenen zehn Jahren ausgesetzt waren.»Der Regierungschef-Stellvertreter, wird in seiner Funktion als Wirtschaftsminister auch zukünftig gefordert sein. Wir haben zwar in Bälde die gleichlangen Spiesse, aber wir haben auch mehr Protektionismus und Bürokratie. Der Wirtschaftsminister sollte in dieser Frage am Ball bleiben und die Wirtschaftsverbände des Rheintals bei ihren Forderungen nach mehr Liberalisierung unterstützen. Ich wäre nicht unglücklich, wenn wir in zwei, drei Jahren erneut über eine Abänderung des Entsendegesetzes beraten würden, bei welchem nicht der Aufbau von Hindernissen, sondern deren Abbau im Zentrum der Vorlage stände.
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