Ein weiter so darf es nicht geben
Landtagsvotum zum Budget 2021 und zur Entwicklung bei der Anzahl der Stellen bei der Landesverwaltung
Ich danke der Regierung für diesen Bericht und Antrag, der eindrücklich zu Tage führt, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf den Staatshaushalt als Ganzes hat und vermutlich auch noch die kommenden Jahre haben wird, wie auch aus der Finanzplanung 2021-2024 entnommen werden kann.
Die Aufwände nehmen zu, die Einnahmen nehmen ab. In der Privatwirtschaft würde man bei einer solchen Tendenz nicht zu Tagesordnung übergehen. Wir hingegen verlieren immer mehr die CHF 800 Mio. Grenze beim betrieblichen Aufwand aus den Augen. Die Regierung geht für das Jahr 2021 von Ausgaben in der Höhe von CHF 862 Mio. aus, ein Anstieg im Budgetvergleich um CHF 11.5 Mio. Das budgetierte betriebliche Ergebnis weist einen Aufwandüberschuss von CHF 120 Mio. aus; unter Einbezug des Finanzergebnisses in der Höhe von CHF 98 Mio. ergibt sich ein Aufwandüberschuss in der Erfolgsrechnung von CHF 22 Mio.
Hierbei kalkuliert die Regierung erneut mit der langfristigen Durchschnittsrendite von 2.5%. Bei den extern verwalteten Vermögen sollen CHF 40 Mio. durch Kursgewinne erzielt werden. Ob diese Zahl erreicht wird, hängt stark mit Corona zusammen. Sollte ein Wirkstoff gegen den Virus gefunden werden, dürften die Kursgewinne deutlich über der langfristigen Durchschnittsrendite von 2.5% bzw. CHF 40 Mio. zu liegen kommen. Wenn sich die Corona-Situation nicht verbessern sollte, dürften diese Zahlen nur schwer zu erreichen sein. Somit ist diese Kalkulation nachvollziehbar, zumal man momentan nicht abschätzen kann, wie sich das Jahr 2021 entwickeln wird. Zu viel ist noch unsicher.
Bei der Aufwandseite ist die grösste Zunahme beim Personalaufwand zu verzeichnen, der um CHF 9.9 Mio. bzw. 4.3% auf CHF 237.9 Mio. ansteigt. Die massgebliche Lohnsumme beträgt rund CHF 109 Mio., was einem Anstieg von CHF 5.7 Mio. gleichkommt. Ein Teil dieser Erhöhung ist auf den Antrag der Regierung zur Ausrichtung eines fixen Leistungsanteils in der Höhe von 0.8% und eines variablen Leistungsanteils von 0.2% der Gesamtlohnsumme zurückzuführen. Ich befürworte diese beiden Lohnanpassungen und werde somit den Anträgen der Regierung diesbezüglich zustimmen.
Rund CHF 4.7 Mio. dieses Anstieges der Lohnsumme sind jedoch auf die Erhöhung des Bestandes an Stellen zurückzuführen. Die Regierung plant 35.9 unbefristete und 5.9 befristete Stellen neu zu schaffen und möchte diese über die Gesamtlohnsumme genehmigen lassen.
Wenn man die Zahlen der Finanzplanung 2021-2024 betrachtet, wird darin summiert mit einem Defizit im Ergebnis aus der betrieblichen Tätigkeit von CHF 374 Mio. gerechnet. Bei diesen Vorgaben erstaunt der Anstieg an Stellen schon, zumal es sich dabei um wiederkehrende Ausgaben handelt, welche die Regierung gemäss selbst auferlegter Strategie verhindern möchte. Wie gesagt würde man in der Privatwirtschaft bei einem solchen Budget und bei einer solchen zu erwartenden Finanzentwicklung während den kommenden Jahren nicht zur Tagesordnung übergehen. Ein Einstellungsstopp wäre das Mindeste, was in der Privatwirtschaft umgesetzt würde. Davon ist die Regierung weit entfernt. Zwischen dem 31. August 2019 und dem 31. August 2020 hat sich der Beschäftigungsgrad um 46.75 Stellen erhöht, wofür der Personalbestand um 50 Personen erhöht wurde. Demgegenüber wies die Regierung im Rahmen des Voranschlages 2020 eine Ausweitung von rund 22 unbefristeten Stellen. Ich bitte die Regierung Ausführungen zu machen, weshalb sich die Ausweitung an neuen Stellen gegenüber dem Voranschlag 2020 verdoppelt hat.
Die Regierung beantragt nun für das Jahre 2021 weitere insgesamt 35.9 unbefristete und 5.9 befristete Stellen zu schaffen. Seit dem 31. August 2019 und mit dem Antrag für das Jahr 2021 hat sich der Beschäftigungsgrad um knapp 90 Stellen erhöht. Das sind mehr als 10% gegenüber dem gesamten Beschäftigungsgrad von 867.2 Stellen per Ende 2020. Das ist zu viel. In einer solch auch in Bezug auf die Entwicklung des Staatshaushaltes unsicheren Zeit, so viele neue Stellen zu schaffen, ist für mich ein falsches Signal. Dies umso mehr, als bei einigen Stellen durchaus hinterfragt werden kann, ob sie notwendig sind oder nicht.
Diesbezüglich möchte ich ein paar Beispiele nennen:
1.) Digitalisierung: Die Regierung führt aus, dass zahlreiche mittel- und langfristige Projekte aus den Amtsstellen, welche zwingend notwendig sind, um beispielsweise die Vorgaben des neuen E-Government Gesetzes umzusetzen, dafür verantwortlich sind, dass beim Amt für Information drei neue Stellen geschaffen werden müssen.
Diese drei neuen Stellen unter anderem mit den Vorgaben des E-Government Gesetzes zu begründen, wirft für mich Fragen auf. Im Bericht und Antrag zur Abänderung des E-Government Gesetzes Nr. 47/2020, also eine Vorlage dieses Jahres, kann bei den personellen Auswirkungen auf Seite 46 nachgelesen werden: «Die gegenständliche Vorlage hat keine personellen, organisatorischen und räumlichen Auswirkungen.» Bereits 2011, als das E-Government Gesetz geschaffen wurde, ist im Bericht und Antrag zur 1. Lesung Nr. 66/2011 zu lesen: «Die Umsetzung der Vorlage hat somit keine Auswirkungen in personeller Hinsicht.»
Das geht meines Erachtens nicht. Man kann nicht ein E-Government Gesetz schaffen, es dieses Jahr sogar abändern und gegenüber dem Landtag jeweils betonen, dass dies keine personellen Auswirkungen habe und dann wenige Monate später im Budget drei neue Stellen ankündigen. Ich bin gespannt, wie die Regierung diesen Widerspruch zwischen den Bericht und Anträgen Nr. 66/2011 und Nr. 47/2020 und dieser angekündigten Schaffung von drei Stellen begründet.
2.) Amt für Volkswirtschaft: Für die Durchführung und den Vollzug der Geldspielaufsicht werden drei zusätzliche Stellen beim Amt für Volkswirtschaft beantragt. Letztes Jahr, im Bericht und Antrag zum Voranschlag 2020 steht auf Seite 27 geschrieben: «Für die Durchführung und den Vollzug der Geldspielaufsicht sind zwei zusätzliche Stellen beim Amt für Volkswirtschaft notwendig.»
Geschätzte Abgeordnete, in Liechtenstein gibt es aktuell fünf Casinos, zwei weitere sind im Gespräch, also könnten es nächstes Jahr sieben Casinos sein. Für die Aufsicht dieser sieben Casinos wären dann acht Personen zuständig, also mehr als eine Person pro Casino.
Interessant ist diesbezüglich der Vergleich zur Schweiz: Die Geschäftsstelle der Eidgenössischen Spielbankenkommission besteht aus 11 Personen, die Schweiz besitzt 21 Casinos mit A- oder B-Konzession, also rund 0.5 Personen pro Casino.
Ich bin schon dafür, dass die Casinos kontrolliert werden, das ist richtig, wichtig und gesetzlich ja auch so festgehalten. Doch ich frage mich, weshalb bei uns doppelt so viele Stellenprozente wie in der Schweiz für die gleiche Arbeit benötigt werden.
3.) Amt für Bau und Infrastruktur: Für das Amt für Bau und Infrastruktur werden sechs neue Stellen ausgewiesen. Letztes Jahr wurden bereits drei zusätzliche Stellen veranschlagt. Letztes Jahr wurde eine Stelle für den Bereich Verkehrsplanung bzw. Verkehrspolitik des Landes geschaffen, nun sollen weitere vier Stellen die Umsetzung des Mobilitätskonzeptes geschaffen werden. Fünf Stellen in zwei Jahren - trotz Nein zu S-Bahn. Darüber hinaus ergeben sich für mich Fragen in Bezug auf die Beilage 1 ‘Übersicht neue Stellen’ im Vergleich zu den Ausführungen im Bericht und Antrag.
Weshalb werden bei der Übersicht für den Landerwerb 2 Stellen ausgewiesen, im Bericht jedoch nur von einer Fachperson für den Landerwerb gesprochen?
Im Bericht und Antrag zur S-Bahn wird für den Bereich Landerwerb von 200 zusätzlichen Stellenprozenten für die Umsetzung der S-Bahn erwähnt. Weshalb werden diese 200 Stellenprozente nun trotzdem benötigt, obwohl die S-Bahn nicht gebaut wird?
Vor der Volksabstimmung über die S-Bahn sind private Immobilienunternehmen im Auftrag des Amtes für Bau und Infrastruktur an Privatpersonen herangetreten, um Landerwerbe, welche für den Bau der S-Bahn notwendig gewesen wären, umzusetzen. Weshalb werden Stellen für Landerwerbe benötigt, obwohl dies privaten Unternehmen übertragen wurde? Sind weitere derartige Aufträge an private Unternehmen ergangen?
Diese Liste liesse sich noch verlängern. Die Argumente, mit welchen teilweise neue Stellen geschaffen werden, sind teilweise spärlich und wenig überzeugend, weshalb ich einer Reduktion der Gesamtlohnsumme - wie von meiner Fraktion beantragt - zustimme.
Der Landtag hat sich mit der Schaffung des Staatspersonalgesetzes in Art. 5, der am 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist, Rechte in Bezug auf den Stellenplan und die Genehmigung von Stellen nehmen lassen. Vor 2011 war die Regierung verpflichtet, dem Landtag einen Bericht und Antrag betreffend Bestand und bedarf an Stellen bei der Regierung, der Landesverwaltung, den Gerichten und dem Landtag vorzulegen. Damit musste die Schaffung neuer Stellen vom Landtag bewilligt werden, nicht über die Gesamtlohnsumme, sondern über die Anzahl stellen. Ich erachte es als einen überlegenswerten Ansatz, wieder zur ehemaligen Vorgehensweise inkl. eigener Bericht und Antrag in Bezug auf die Schaffung von Stellen zurückzukehren und eine diesbezügliche Gesetzesänderung ins Auge zu fassen. Ich bin überzeugt, dass dies eine dämpfende Wirkung auf die Schaffung neuer Stellen hätte.
Interessant ist, dass die Regierung in der Finanzplanung 2021-2024 auf Seite 32 unter dem Kapitel ‘Neue Stellen’ je CHF 0.3 Mio. pro Jahr für das Stellenwachstum aufgrund des wachsenden Aufgabengebietes der Landesverwaltung berücksichtigt. Wenn ich das Stellenwachstum der letzten Jahre mit jenem vergleiche, welches die Regierung in der Finanzplanung prognostiziert, stelle ich eine hohe Diskrepanz fest. Ich bitte die Regierung Ausführungen dazu zu machen, weshalb sie das jährliche Stellenwachstum der kommenden Jahre gegenüber jenem der vergangenen Jahre so unterschiedlich bewertet. Weshalb geht die Regierung davon aus, dass es bis 2024 nur noch wenige neue Stellen braucht? Was wird betreffend die Schaffung neuer Stellen in den kommenden Jahren anders sein als in den vergangenen Jahren?
Für mich geht es so nicht weiter. Es muss eine Lösung gefunden werde, wie diesem exorbitanten Anstieg an neuen Stellen Einhalt geboten werden kann, auch weil es sich hierbei um wiederkehrende Ausgaben handelt. Das kann nicht zielführend sein und wird unseren Staat als auch unsere Verwaltung über kurz oder lang vor Probleme stellen. Es braucht Antworten darauf, wie man mit dieser Entwicklung umzugehen gedenkt und welche Massnahmen ins Auge gefasst werden können, um sie zu brechen. Nur ein weiter so wie bisher, darf es nicht geben.